Scene

Id
896  
Name
NEON OFF  
Summary
 
Position
27  
Scenetype
Live  
Created At
2013-08-08 13:07:19  
Edited At
2013-08-23 22:54:20  
Show
Vendetta 95  


Allmählich nähert sich der Abend dem Ende, in wenigen Minuten wird es zum großen Mainevent kommen, vielleicht zu einem der größten Mainevents der Geschichte der PCWA. Doch dann wird er nicht mehr hier sein. Wenn zwei der bedeutendsten Namen der gesamten Historie des Wrestlingbusiness ihre Klingen kreuzen, wird er bereits in seinem trauten Heim sitzen, lüsternen Jünglingen dabei zusehen, wie sie ihre geschundenen Körper mit Öl übergießen und den Abend mit irgendetwas Hochprozentigen ausklingen lassen.

Mit beschwingtem Schritt macht er sich auf dem Weg zum Parkplatz unweit der Arena, auf dem er sein Auto geparkt hat. Der Abend ist gut für ihn verlaufen, nicht komplett so, wie er es sich vorgestellt hatte, doch zumindest in Ansätzen. Langsam findet er Anschluss, langsam fügt er sein eigenes Puzzleteil in das komplexe Gefüge der PCWA ein. Er hat es gemacht wie immer, wenn er sich damit konfrontiert sieht, sich in der Schlange hinten anzustellen – er ist ausgeschert und bis zum Kopf der Schlange vorgedrungen.

Jeffrey Ron Arrow stellt sich für nichts und niemanden hinten an. Jeffrey Ron Arrow ist die Attraktion, für die Schlangen gebildet werden. Er verlangsamt seinen Schritt, fingert eine Zigarette aus seiner Hosentasche und führt den Glimmstängel zum Mund, wo er ihn alsgleich mit dem kurzen Schnippen eines Feuerzeugs zum Leuchten bringt. Kurz hält er inne, legt den Kopf in den Nacken und pustet eine Wolke in den Abendhimmel, die sich schemenhaft vor dem rot und orange abhebt, in dem die Sonne gerade unterzutauchen droht.

Während er langsamen Schrittes weiter in Richtung des Parkplatzes geht, lässt die Lüge den Abend Revue passieren. Ganz allmählich gelingt es ihm, sein klebriges Netz um die PCWA zu spinnen. NEON LOVE ist ihm bereits in die Fänge gegangen, auch wenn dieser sich dessen mit seinem kindlichen Gemüt gar nicht bewusst ist. Über Monate ist er Arrow nun auf Schritt und Tritt gefolgt, hat beäugt, wie er intrigiert, wie er verletzt, wie lacht, weint, blutet, selbst, wie er atmet – und eines ist gewiss: Es verändert jemanden, wenn er Arrow über einen längeren Zeitraum bei seinem perfiden Tun zusieht.

Die Lüge bläst eine weitere Wolke durch den Schlitz seiner Gummimaske.

Dadurch, dass NEON LOVE sich ihm anschloss, konnte er zugleich Blake Milton den besten Freund ausspannen und im nächsten Schritt sieht der Spielplan vor, Blake Milton gegen den verrückten Hund auszuspielen. Ein Unterfangen, das schwerer erscheint, als es zunächst den Anschein machte. Natürlich, Arrow war klar, dass Mad Dog keine Freudensprünge machen würde, wenn er ihn sehen würde. Doch dass er derart standhaft sein würde und trotz Arrows Versuch, Zwietracht zu säen, versuchen würde, Milton zu seinem persönlichen Krieger zu machen – Arrow zuckt kurz die Schultern. Hindernisse sind dafür da, überwunden zu werden.

Die Lüge streift weiter über den menschenleeren Weg, saugt die warme Sommerluft ein und fühlt sich…auf eine seltsame Weise zu Hause. Er fühlt sich, als würde er hierher gehören und doch gleichzeitig abgelehnt. Wie damals, als er noch ein Kind war und seine Eltern versuchten, den roten Faden seines Lebens nach ihrem persönlichen gusto zu spinnen. Nur, dass seine Eltern tot sind und die Person, die dieses Mal versucht, seinen Weg zu beeinflussen eine Blondine in den Zwanzigern ist. Jona Vark.

Arrow wischt eine Strähne aus den Augen, zieht ein weiteres Mal an der Zigarette. Niemand würde absichtlich darauf verzichten, einen Namen, so groß wie seiner, in das Quest 4 The Best-Turnier aufzunehmen. Oder darauf verzichten, ihn auf einer Pressekonferenz zu erwähnen. Überall anders auf der Welt hätten sie seinen Namen in Leuchtreklamen vor ihre Türen gehängt und ihn als Hauptattraktion ausgeschlachtet. Überall, außer hier. Und er wird schon noch herausfinden, was es mit diesen Unverschämtheiten auf sich hat.

Der Parkplatz gerät in Sichtweite. Außer einem von Rost überzogenen Mini-Van ist kein weiteres Auto zu sehen. Mit einem seichten Seufzer schüttelt Arrow den Kopf. Jona Vark ist nicht die Priorität. Das Hauptprojekt ist Kriss Dalmi. In dem Serben steckt soviel ungenutztes Potenzial, soviel Gewalt, die man kanalisieren und instrumentalisieren kann, dass es Arrow eine liebkosende Gänsehaut über die Arme und den Rücken laufen lässt. Er konnte in den Augen des Junkies die Überraschung erkennen, irgendwo unter dem tumben, von Drogen verklebten Unverständnis hat er die Wahrheit in der Lüge erkannt. Hat gesehen, dass Azrael Rage ihn nicht weiterbringen wird, dass Azrael Rage ihn einfach nirgendwo hin bringen wird.

Arrow ist beinahe an seinem Van angekommen, passiert einen kleinen Grünstreifen und betritt mit festen Schritten den Kiesel, der den Parkplatz bildet. Mit Kriss Dalmi tritt noch eine weitere Person ins Blickfeld, die interessant werden könnte. Die Lüge nimmt einen letzten Zug, wirft die Zigarette in hohem Bogen auf den unebenen Boden, kleine Funken stieben auf. Ein leises Lachen ist zu vernehmen. Irgendetwas gibt ihm das Gefühl, dass sie sich bald sehen werden. Er und Robert Breads.

Just in dem Moment, als Arrow die Wagenschlüssel aus der Tasche bugsiert, zerschneidet das Klingeln seines Handys die Ruhe. Mit einem unwirschen Schnauben fördert er das Telefon zutage – „NEON LOVE ruft an“ wird auf seinem Display angezeigt.

Arrow: „Was willst du…was? Nein, ich will nicht der Trauzeuge deines Avatars werden...was...warte...”

Immer wieder werden Arrows Worte von dem heiteren Geschnattere des Flauschigen unterbrochen, ohne das der genaue Wortlaut dem Mikrofon der Kamera gewahr wird. Arrow steckt den Schlüssel ins Türschloss, rauft sich mit der freigewordenen Hand durch die Haare.

Arrow: „Ja, ich habe verstanden, dass eure Avatare gehai-hai-heiratet haben…ja, ich habe auch verstanden, dass du in yippi-Japan bist…“

Die Handfläche wird frontal gegen die Gummistirn seiner Maske geklatscht.

Arrow: „Du weißt noch nicht, wann du wiederkommst, weil eure Avatare Flitterwochen auf einem Server auf den Fi-Fa-Fidschi-Inseln machen? Surfurlaub? Sag mal, hast du sie noch…nein, ich verstehe nicht, wieso du nicht wiederkommen kannst, wenn Eris Avatar deinem Avatar beibringen will, wie man mit Hai-Speed surfen kann…“

Mit einer Hand schließt Arrow seine Tür auf und gleitet vorsichtig auf  den Fahrersitz, so als wolle er die Leitung zu NEON auf keinen Fall unterbrechen, um auch ja nicht aus diesem bösen Albtraum aufgeweckt zu werden. Er legt seine Arme um das Lenkrad, stützt dabei sein Kinn auf die Oberseite eben dieses Lenkrads. Pures Unverständnis schlägt sich auf seine Stimme nieder.

Arrow: „Ob ich das Onkel di-da-delicious-Dalmi ausrichten kann? Damit der auch weiter astrohappy sein kann und nicht astrotraurig wird, weil du solange weg bist? Weißt du NEON, ich glaube, ich habe gerade ein Fick-Fuck-Funkloch!“

Mit einem wütenden Aufschrei schlägt Arrow das Telefon gegen sein Armaturenbrett, wieder und wieder, das Zerbersten des Displays ist zu vernehmen, wieder schreit er auf, wie soll das alles funktionieren, wenn er nicht einmal NEON LOVE dazu bringt, ihm bedingungslos zu folgen, wie soll er sein Spiel spielen, wenn sich die Figuren plötzlich widersetzen? Mit einer frustrierten Bewegung schmeißt er das Handy gegen die Seitenverkleidung der Beifahrertür und sinkt erschöpft über dem Lenkrad zusammen. Es ist einfach nicht fair, dass dieser beschissene Kindskopf seine Pläne zunichte macht.

Als Arrow die Augen schließt, blinkt das Handy neben ihm noch einmal auf, für einen Sekundenbruchteil ist das vollkommen zersplitterte Display zu erkennen. Aus dem kleinen, maroden Lautsprecher ist noch einmal eine fröhliche Stimme zu vernehmen, ehe er den Geist aufgibt. Die Stimme von NEON LOVE.

„Schabilu-Tschüßi, ich hab dich lieb, Jelly-Jeffrey!“

 

Mike Garland: "Da sehen wir Jeffrey Ron Arrow, wie er schon zu seinem Auto geht... und geht... und geht. Manchmal wünschte ich mir, ich könnte Gedanken lesen, dann könnte ich die auch noch kommentieren und ihr hättet noch viel mehr Spaß in dieser Show."

Vincent Craven: "Worüber Jeffrey wohl solange nachgedacht hat? Vielleicht über seine Begegnung mit Jona Vark? Oder seine Unterredung mit Kriss Dalmi?"

Mike Garland: "Vielleicht war da auch nur die Stimme, welche die ganze Zeit die Melodie von 'Tetris' gesummt hat. Ich möchte es vielleicht besser nicht wissen."

Vincent Craven: "Auf jeden Fall hat er einen Anruf von NEON LOVE bekommen, der ihn aus seinen Flitterwochen gegrüßt hat. Na ja, aus den Flitterwochen seines Online-Avatars eben."

Mike Garland: "Jelly-Jeffrey. Ich werde ihn beizeiten an diesen Spitznamen erinnern. Jelly-Jeffrey. Jelly-Jeffrrey. Jelly-Jeffrey. Hey, je häufiger man das sagt, desto lächerlicher klingt es. Ich werde das ab sofort immer verwenden, töhö."



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