Scene

Id
5010  
Name
From Oslo with regards  
Summary
Shadow sitzt allein auf dem Dach der Telenor Arena, schreibt einen Brief und sinniert sowohl über aktuell Situation als auch die Vergangenheit, insbesondere mit Poe, welche er Revue passieren lässt.  
Position
5  
Scenetype
Video  
Created At
2021-08-26 09:54:03  
Edited At
2021-11-26 20:12:55  
Show
Vendetta 157  


… eine spielerische Windbö treibt die Drohnen-Kamera und damit die geneigten Zuseher über das gründunkle Wasser, vereinzelte Bäume und einen Hotelbau hinweg - auf den was Größe betrifft alles einehmenden Bau. Die Telenor Arena. Ein graphitgrauer wie ungeschliffener Halbedelstein in einer Fassung aus Baustellen. Noch. Schon bald würde das Exterieur so grün und futuristisch wirken, wie es die Halle zum Zeitpunkt ihrer Einweihung mutmaßlich tat … schön, wenn sich etwas zu einem Gesamtkonstrukt fügte. Aber das war keine universelle Gesetzmäßigkeit - wie er am Leib erfahren durfte.

Der Stift kreist eine weitere handgeschriebene Zeile auf das Briefpapier, so sehr der Wind sich auch bemüht, es zu kräuseln oder wegzuwehen. Schwung für Schwung, verkörperte Gedanken in einer für heutige Verhältnisse antiquierten Weise. Aber genau das passte zu ihm.
Grübelnd setzt er ab, schiebt den Stift unter die langen, dunklen Haare, als würde er an den Lippen aufliegen …
… um die Hand kurz darauf wieder sinken zu lassen. Was machte er hier eigentlich? Vor allem: warum machte er das? Er blickt sich um. Normalerweise waren die Dächer der Arenen die Heimat Kevin Sharpes. Aber wie er gerade erst vernehmen durfte, war der ja nicht mehr. Nicht mehr hier. Und da war er nicht der einzige … leider …

Schon allein deshalb war es für Shadow schwierig, jetzt noch die richtigen Worte zu finden und sie zu Papier zu bringen. Wie auch. Er ruht im Schneidersitz mittig oben auf der Telenor Arena - in einer optischen Reminiszenz an zwei Charaktere, die ihm viel bedeuteten. Und einer ganz besonders - noch immer. Nach all den Jahren. Quo vadis, enemy mine?

Noch immer fühlte sich die von allen gemutmaßte Ankündigung surreal an: die Begegnung in Helsinki, der satte Treffer, das innerliche Kochen bei Publikum und ihm nach Payback. Und nun soll das alles vorbei sein? Die Nachricht, dass Marc Poe nur noch exklusiv für die XAW auftritt, hatte sich in rasender Geschwindigkeit verbreitet. Ein Paukenschlag in der Wrestling-Welt … und eine Maulschelle für den Soul Suvivor selbst. Und womöglich hatte er sie sich auch redlich verdient.

Der Schatten geht augenscheinlich in sich, lässt seine Körperspannung aber nie so locker, dass ihm das Papier aus der Hand zu rutschen droht. Zu lange ist alles her, aber nicht lange genug, um zu vergessen … diesen einen schicksalhaften Moment im Münchner Olympiastadion, der sein weiteres PCWA-Leben nachhaltig bestimmen sollte. Der erste Wortwechsel, das erste Abtasten. Die erste zarte Bande respektvoller Koexistenz - und doch schon eine Vendetta später wieder zu Asche zerfallen. Was folgte war eine bedingungslose Jagd im Sinne der namensgleichen Liga-Show. Quasi ein Sinnbild für sein Credo. Eine Art Gegenwatschen für die scheinbar egoistische Abkehr … zumindest sollte es das für ihn. Und was war es letztlich? Über die Zeit betrachtet wohl eher eine Nummern-Revue missglückter Wyle E. Coyote - Stunts, während Homeboy ihn auf die Plätze verwies. „Meep! Meep!“

Da war es nur ein weiterer Schritt für die Fans zu glauben, dass der Jagdinstinkt Shadows über die Jahre verblasst und vermutlich Neid und Eifersucht gewichen war. Oder dass sie es ihm nicht mehr abkauften, dass Poe nur allein das Fadenkreuz auf seinem Rücken hatte und nicht zusätzlich die von ihm gehaltene Gerasy Championship. Schließlich hatte er die längste Zeit ihrer gemeinsamen Geschichte diesen Gürtel getragen.
Er schüttelte den Kopf. Zu verdenken war es ihnen nicht, das wusste er. Oder wie der Mestize es ausgedrückt hatte: "Sorry muchacho, aber bisher hat bei euch immer nur einer die wichtige Hürde übersprungen..."
Hatte alles was Wahres. Auch die Tatsache mit dem höchsten Gold der Liga. Es hatte ihn gelockt, allerding auf eine wiederum andere Weise. Und als das ebenfalls nicht funktionierte wollte er sie ihm einfach bloß kämpfend entreißen. Auch das, gone with the wind…

… eines der weißen Blätter fliegt davon, aber die beschriebenen Seiten behält er fest in Händen. Shadow hatte überlegt loszulassen, denn im Grunde hatte sich der Anlass des Briefes ja faktisch ebenfalls schon erledigt.
Schließlich kannte er die meisten Antworten, auf die er gehofft hatte, faktisch schon, wenn er es genauer betrachtete. Ja … er konnte etwas bewirken. Er wird etwas bewirken. Und auch wenn die Zeiten leicht schwieriger und die Aussichten trüber geworden sind als bisher - die Reaktionen in Helsinki hatten gezeigt, dass er die Fans hinter sich wusste.
Es gab Lichtblicke. Ein Sinn jenseits der Homeboy-Fokussiertheit. Nur sah er diesen nicht so oft. Hier die Matches rund um die damalige Elimination Chamber, dort die Chance in so kurzer Zeit überhaupt die Chance bekommen zu haben. Hier die 18er CORE - Niederlage, dort der überraschende Cryption Crown - Gewinn … nebst Rekord für die Annalen. Und nicht zu vergessen die Schmach beim neuerlichen CORE - verglichen damit, 29 anderen Fighter hinter sich gelassen zu haben.

Mad Dog hatte ihm das einst schon gesagt und diese Argumente hatten nichts von ihrer bestechenden Wirkung verloren. Im Gegenteil: sie spornten ihn innerlich an, weiterzumachen. Zielgerichtet vorzugehen, auch wenn Poe Vorteil um Vorteil gegen ihn einfuhr. Und doch war das Band zwischen ihnen nie wirklich gerissen. Von den heißen Wortgefechten über die Auszeit, das Wembley-Meeting, die Welcome back - Szenen im TV-Studio, den PCWA-Verrat und den kalten Wortschatz-Krieg bis hin zum gnadenlosen Scherbenhaufen …
Keiner von beiden würde es je zugeben wollen - aber zumindest Shadow war sich sicher, dass Poe ihn zu einem anderen wie besseren Fighter gemacht hatte. Umgedreht … naja …
Der Schatten machte aus seinem Innersten keine Mördergrube, auch wenn er gern viele dort bestattet hätte. Homeboy ebenfalls - und doch dankte er ihm innerlich für die Zeit.

Dieses Band - tja, nun war es vielleicht wirklich…

Ein elektronisches Zirpen reißt ihn aus seiner Gedankenwelt. Behände langt der dunkle Krieger in eine seiner Beintaschen, holt sein Handy heraus und liest die eingetroffene Nachricht. Dann … ein Nicken. Er steckt das Handy weg, faltet den angefangenen Brief zusammen, verstaut diesen ebenfalls und steht auf. Langsame bedächtige Schritte, wie immer.

Manche Türen schlossen sich, andere gingen auf. Und wieder andere …
… doch genau in den Moment weht der Wind das weiße Blatt vor die Linse der Drohnen-Kamera. Und als es wieder von dieser geweht wird, ist das Hallendach leer.



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