Scene

Id
4876  
Name
Interlude Part 2  
Summary
Jeffrey Ron Arrow zerstört Apfel Andy, während Christian Sanglier zuschauen muss.  
Position
26  
Scenetype
Match  
Created At
2021-03-30 23:00:27  
Edited At
2021-05-05 13:45:08  
Show
Vendetta 155  


Der Vorhang fliegt auf.

Ein Knäuel aus zwei Personen stolpert in die Halle.

Wie ein Mailänder Laufsteg für gebrochene Beine.

Ein Raunen geht durch das Publikum.

Sie sehen.

Sie erkennen.

Eine Lüge führt ein Schwein an der Leine.

Die ersten Zuschauer registrieren die Bärenfalle.

Menschen tippen sich auf die Schultern.

Deuten auf das Geschehen.

Hände werden vor Münder geschlagen.

Die Blitze von Smartphone-Kameras sehen aus wie explodierende Sterne.

Arrow führt seinen Gefangenen die Rampe herunter bis an den Ring, man erkennt einen Cocktail aus Gleichgültigkeit und Widerwillen in Sangliers Blick, während Arrow aufgeregter aussieht, als er es jemals zugeben würde. Am Ring angekommen flüstert er Sanglier etwas ins Ohr. Der Keiler dreht sich vorsichtig um, sieht ihn an, als wolle er sichergehen, dass er richtig verstanden hat. Die Lüge nickt bestätigend. Mit der freien Hand langt Sanglier in eine Tasche von Arrows Kapuzenpullover.

Handschellen.

Als Symbol der ultimativen Macht.

Sanglier zögert. Es wirkt beinahe, als würde Arrow tröstend auf ihn einreden. Damit wird die Demütigung öffentlich ausgetragen und alles, was dem Keiler in dieser Situation bleibt, ist die Erkenntnis, diese Situation ertragen zu müssen. Und wieder greift seine Ausbildung. Er setzt keine Erwartung an das, was passieren wird, denn die Vorerwartung einer Aktion verursacht eine Angst, die meistens in keinem Verhältnis steht. Die Hoffnung auf die Vermeidung einer Bestrafung kann Kontrolle über einen Menschen bedeuten.

 

Ein Ruck geht durch den Körper des Keilers.

Unterhalb der Bärenfalle umschließt die Handschelle sein Handgelenk.

Das andere Ende wird zu einem Ringseil geführt.

Klick.

Sanglier hat sich selbst an das unterste Ringseil gefesselt.

Umgehend lockert Arrow den Biss der Bärenfalle. Nickt Sanglier zu. Wie um zu zeigen, dass er Wort hält. Lässt die Bärenfalle scheppernd zu Boden fallen, gerade außerhalb von Sangliers Reichweite. Er tritt einen Schritt zurück, befestigt zusätzlich das Ende der Hundeleine um das mittlere Seil, tritt noch einen Schritt zurück, streckt dann beide Arme weit auseinander, den eigenen Körper zum Kreuz geformt und rollt sich nach einem letzten Blickkontakt mit Sanglier in den Ring.

Und Sanglier wird zum Zuschauer des Moments. Ohne die Bärenfalle besteht keine ernste Gefahr mehr für ihn. Er spürt die Bestie an ihren Gitterstäben, hört ihre Rufe danach, sich von den Handschellen und der Hundeleine loszureißen, die Bärenfalle zu nehmen und damit auf die Lüge einzuprügeln. Aber in diesem Zustand hat die Bestie keine Macht. Er genießt es mehr, als es sich jemand in dieser Halle vorstellen kann. Er hat die Freiheit, klar und ohne Ablenkung zu denken. Handschellen und Leine sind darauf ausgelegt gegen hohen Widerstand zu halten, also ist es die Mühe nicht wert, jetzt gegen sie anzukämpfen. Die einzige Unsicherheit für Sanglier besteht in seiner eigenen Überraschung über seinen Gefühlsstand. Er hätte nie damit gerechnet, dass er in außergewöhnlichen Stresssituationen noch immer so klar nach seiner Ausbildung vorgeht. Konzentriert und ohne Ablenkung.

Die Lüge setzt sich in der Nähe des Keilers auf die Ringmatte.

Er streicht mit zärtlichen Fingerspitzen über den Ringboden.

Legt den Kopf schräg.

Lächelt verschroben.

Blickt Sanglier unverwandt in die Augen, als am Entrance eine Gestalt auftaucht.

Beachtet nicht, als die Gestalt die Rampe herunterkommt.

Beachtet nicht, als die Gestalt in den Ring steigt.

Seine Augen liegen die ganze Zeit auf Sanglier.

Vincent Craven: „Wir bekommen gerade die Nachricht, dass wir ein zusätzliches Match haben!“

Mike Garland: „Und wie unschwer zu erkennen ist, ist da gerade Apfel Andy in den Ring gekommen…“

Vincent Craven: „… um es mit Jeffrey Ron Arrow aufzunehmen, der hier und heute sein erstes Match seit 2014 bestreitet!!!“

Mike Garland: „Weißt du, gegen wen er damals antrat?“

Vincent Craven: „Ich passe.“

Mike Garland: „Es war ein Tag-Team-Match an der Seite von Kriss Dalmi gegen Chris McFly und niemand anders als Diego Sanchéz!“

4th Match
(Un)chained boar
Regular Singles Match

vs.

(Der erste Fall entscheidet über den Sieg. Als Fall zählen Three Count, Submission, Disqualifikation sowie Count-Out.
-Referee: Johannes Ullrich ; Timelimit: 10 Min)

 

Der Ringgong ertönt.

Unsicher nähert sich Apfel Andy der Lüge. Doch Arrow nimmt weiterhin keinerlei Notiz von seinem Kontrahenten, weiter sind seine Blicke starr auf Sanglier gerichtet, der sich gar nicht erst die Mühe macht zu versuchen, die Handschellen oder die Hundeleine zu lösen.

Das Licht in der Halle wird gedimmt und auf das Geschehen im Ring gerichtet.

Andy beugt sich vor, scheint mit sich zu ringen, ob es eine gute Idee wäre, Arrow anzufassen, zu attackieren. Ruckartig reißt die Lüge den Kopf beiseite. Apfel Andy ist sich für einen Moment sicher, in die tiefste Hölle geblickt zu haben, als Arrow ihm direkt in die Augen sieht.

Noch ehe der Boskop des PCWA-Rosters reagieren kann, hat Arrow mit einer Hand in seinen Mund gegriffen und zieht sich an Andys Unterkiefer in den Stand, deutet dabei mit der freien Hand auf die Deckenbeleuchtung. Wie auf ein abgesprochenes Zeichen richtet sich das Spotlight auf Sanglier, der überrascht einen Arm vor die geblendeten Augen hebt.

Der Ring ist nur noch spärlich von den Ausläufern des Spotlights beleuchtet.

Mike Garland: „Was zur Hölle ist hier los? Ich erkenne nur noch Silhouetten im Ring!“

Vincent Craven: „Es scheint so, als habe Arrow eine Absprache mit irgendjemandem getroffen!“

Im Ring kann man so gerade eben erkennen, wie Arrow Apfel Andy am Kiefer in die Seile schleudert und selbst in den gegenläufigen Seilen Anlauf nimmt … zwei skizzenhafte Gestalten laufen über Kreuz durch den Ring … Arrow nimmt Geschwindigkeit auf …

UND ERWISCHT APFEL ANDY SEITLICH MIT EINEM ROARING ELBOW AM KOPF!

Der Getroffene sackt zu Boden.

Mike Garland: „Ich kann jetzt endlich was mit diesen Notizen anfangen, die hier liegen. Darauf steht, dass Arrow uns heute möglicherweise neue Moves präsentieren würde… dieser hier heißt dann wohl ‚Melancholysion‘ und ist eine Hommage an den Dragon of Melancholy.“

Vincent Craven: „Schau Dir Sanglier an, Mike! Obwohl er angekettet im Spotlight steht, regt er sich nicht ein bisschen.“

Arrow wendet sich von seinem gefallenen Kontrahenten ab, beugt sich über die Seile zu Sanglier.

Arrow: „Kannst Du das Spotlight ertragen, Sanglier? Ist es das, was Du wolltest? Ist es das?“

Und mit diesem Moment verfliegt die Magie des Augenblicks für den Keiler. Es ging nie darum, ihn zu bedrohen. Die Lüge hat nicht vor, Sanglier anzugreifen oder ihn zu verletzen. Sanglier hatte das Spotlight gefordert, Beachtung und eine Chance. Jetzt ist ihm das Scheinwerferlicht aufgezwungen. Und für seine Forderung wird nun Andy bestraft, was ihn aber überraschend wenig belastet. Im Ring oder im Käfig gibt es oft ungleiche Kämpfe. Sie werden Aufbaukämpfe genannt, dabei geht es vor allem darum, dem Publikum einen sicheren, dominanten und beeindruckenden Sieg vorzuführen. Andy ist dabei der Kolateralschaden. In diesem Moment wird Sanglier die Wut bewusst, die sich durch seinen Kopf schleicht. Er kann noch nicht unterscheiden, ob es normale Wut ist oder die Bestie, die ihren Käfig verlässt. Noch kann er sie kontrollieren.

Die Kate Moss des professionellen Wrestlings wendet sich wieder Apfel Andy zu, zieht ihn am Haarschopf auf die Beine, beobachtet ihn nur für den Bruchteil einer Sekunde, dann taucht sein Oberkörper ab, während sein Fuß über den Rücken nach vorn schnellt…

SCORPION KICK!

Mike Garland: „Ich zitiere… ‚ein weiterer neuer Signatur Move von Arrow ist der Scorpion Kick. Er bezeichnet ihn als ‚Adjust your Dreams‘.“

Vincent Craven: „Er scheint die zweite Hälfte des letzten Jahrzehnts genutzt zu haben, um einige neue Moves zu lernen.“

Mike Garland: „Und was passiert da jetzt noch?“

Wieder wendet sich Arrow Sanglier zu. Im Zwielicht erkennt man, wie stoisch der Keiler sein Schicksal erträgt. Arrow tigert derweil hin und her, rauft sich die Haare, er ist das komplette Gegenteil von Sanglier. Dann wischt er sich durchs Gesicht und wendet sich Andy zu. Mühsam zieht er ihn auf alle Viere, stößt ihn dann wie einen nassen Sack aus dem Ring und springt selbst behände hinterher.

Zwei weitere Körper tauchen im Spotlight auf.

Arrow lehnt Andy neben Sanglier an den Mattenrand.

Der Keiler verharrt regungslos.

Andy taumelt, kann sich kaum auf den Beinen halten.

Dann langt Arrow in die Taschen seines Pullovers.

Seitenblick zu Sanglier.

Er hat seine Aufmerksamkeit.

Die Lüge befördert einen Apfel zutage.

Bleckt die Zähne.

Faucht Sanglier an.

Rüde reißt er Andys Mund auf.

Presst den Apfel zwischen dessen Zähne.

Speichel läuft aus Arrows Hassfratze.

Zum ersten Mal zeigt Sanglier eine Reaktion.

Auch, wenn es nur Millimeter sind, die er zurückweicht.

Es sind Milimeter in denen der Keiler eine Entscheidung getroffen hat.

Der Zorn in ihm steigt auf.

Räder in seinem Kopf beginnen, sich zu drehen.

Andy tastet mit fahrigen Fingern nach dem Apfel…

… ein letzter Seitenblick der Lüge zu Sanglier…

… der schüttelt beinahe unmerklich den Kopf…

SUPERKICK!!!!

KISS OF PARANOIA!!!!

Vincent Craven: „OH MEIN GOTT! Hat Arrow gerade …?!“

Mike Garland: „ARROW HAT ANDY EINEN APFEL IN DEN HALS GESUPERKICKT!“

Vincent Craven: „Das ist absolut verstörend…“

Arrow schaut zu Sanglier. Versucht wie eine lauernde Hyäne, in dessen Miene zu lesen. Schaut zu Apfel Andy, der zuckend vor dem Ring liegt, Blut läuft aus seinem Mund. Sanglier schüttelt den Kopf. All das… hätte es nicht gebraucht. Nicht seinetwegen. Nicht für ihn.

Hätte die Lüge Sanglier aufgefordert sich zu entschuldigen, hätte Sanglier es getan. Nachdem er letzten Monat wieder bei Sinnen war, hätte er ihm diese Forderung jederzeit zugestanden.

Wie ein Reptil, wie eine Scheißechse, kriecht Arrow zu Andy.

Wischt das Blut mit bloßen Fingern von dessen Hals.

Totenstille.

Er legt den Kopf schräg.

Stolpert auf Sanglier zu.

Hinein in dessen Reichweite.

Sanglier könnte ihn töten.

Genau jetzt.

Aber nicht…

Heute.

Arrow umfasst die Hände des Keilers.

Schmiert Andys Blut an Sangliers Finger.

An jeden Einzelnen der zehn. Eine endlose Prozedur.

Der Keiler wäre nun in der Lage anzugreifen, aber er ist längst über den Gedanken einfacher Gewalt hinaus. Der Tag gehört der Lüge. Aber für jeden blutigen Finger sieht Sanglier etwas an seinem inneren Auge vorbeiziehen. Ein Glied einer Kette. Ein Angriffsplan. So nah wie sie sich stehen, kann die Lüge den Blick des Keilers klar sehen. Verachtung, Zorn, Wut. Emotionen, die weit über die Abscheu gegenüber einer arroganten Person hinausgehen. Ein Blick, der sagt: "Ich finde dich."

Vincent Craven: „Ich verstehe, was hier passiert, Mike. Obwohl ich es nicht verstehen will. Und ich sehe, dass Sanglier es auch versteht.“

Mike Garland: „Ich verstehe hier gerade gar nichts mehr.“

Vincent Craven: „Sanglier wollte bei Vendetta 154, dass Arrow nicht das Rampenlicht stiehlt. Und er hat Arrow gesagt, dass er sich auch mit blutigen Fingern noch nach vorne ziehen würde… Arrow hat ihm heute alles beschafft: Das Rampenlicht war die ganze Zeit auf Sanglier gerichtet, jetzt hat er Blut an den Fingern, wenngleich es nicht sein eigenes ist…“

…9…

…10…

…double countout…

…doch keiner der drei Männer nimmt das aus verschiedenen Gründen zur Kenntnis.

Arrow schlendert rückwärts.

Hebt die Bärenfalle auf.

Zieht die Schlüssel für Sangliers Handschellen aus der Hosentasche.

Schnippt sie zum Referee.

Ein letztes Mal treffen sich die Blicke von Arrow und Sanglier.

Irgendwo in der Mitte prallen sie aufeinander und ersäufen sich in unbekannten Emotionen.

Dann wendet sich die Lüge ab, während…

… ein Sanitäter-Team an ihm vorbei die Rampe herunter rennt…

… Apfel Andy sich wie ein Fisch in Apfelresten und Blut windet…

… der Referee Sanglier von Handschellen und Halsband befreit…

…Sanglier ihm wortlos hinterher starrt.

Für den Moment verschwindet die Lüge.

Verlässt den Planeten.

Johannes Ullrich sagt etwas zu Sanglier, unverständlich und leise wie die Antwort. Sanglier nimmt die Leine und die Handschellen an sich, offenbar ging es darum. Darauf blicken beide zu Apfel Andy und den Sanitätern. Während im Gesicht des Referees ein besorgter Blick zu sehen ist, blickt Christian Sanglier ohne Anzeichen von Mitleid zu Andy. Fast ist er selbst schockiert.

Jeder Konflikt hat seine unschuldigen Opfer. Sie werden bedauert. Man bietet ihnen Hilfe an. Oder denen, die mehr Glück hatten. Man sorgt sich um die Nächsten, die dieses Schicksal teilen.
Und trotzdem werden die Opfer akzeptiert. Es wird selten offen ausgesprochen. Wer als böse gilt, dem wird zugetraut, unschuldige Opfer zu ignorieren, sie als Werkzeuge zu missbrauchen. Wer als gut gilt, macht so etwas nicht. Die Realität hinter gut und böse hat Sanglier schon vor langem nüchtern zu betrachten gelernt. Er ist nicht böse. Zumindest nicht im Normalfall. Als gut sieht er sich aber auch nicht unbedingt an. Höchstens als besser als die Bösen. Sonst müsste er jetzt Mitleid und Sorge um Apfel Andy spüren. Zumindest etwas. Und er dürfte nicht die Gedanken haben, die ihm gerade durch den Kopf gehen.

Er wendet sich ab und geht.

Er verlässt die Halle und ist im Kopf dabei gerade in einer anderen Welt.

In einer Welt, in der er etwas vorbereitet, das nichts Gutes ist.


Vincent Craven: "Das war... das... war..."

Mike Garland: "...irgendwie geil. Verstörend. Grotesk. Abartig... aber irgendwie auch... gute alte Zeit, eh?!"

Vincent Craven: "Diese Zeit will ich nicht zurück. Jona muss etwas unternehmen, sie muss dieser Lüge Einhalt gebieten. Der arme Andy..."

Mike Garland: "Das ist die Pest, die Jona Vark selbst gerufen hat. Arrow soll doch auch einer der PCWA Retter sein, nicht oder... Das hat sie jetzt davon. Selbst ihre Investitionen sind Wasser auf den Mühlen der XAW... und deswegen haben die es sich wohl gerade auch so richtig gemütlich gemacht."



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