Ein wenig später.
Die Kameras schalten ein letztes Mal vom Geschehen in der Arena an einen anderen Ort. An den Ort nämlich, an dem jetzt auch eine Art 'Main Event' stattfinden soll, der das Leben zweier Personen einschneidender verändern soll als jeder Sieg, jede Niederlage und jedes Titelmatch es jemals könnte.

Mr. Alistair Brunswick & Ms. Cinderella Rage

Der große Hochzeitssaal des Venetian Resort Hotel gleicht dem Inneren eines prunkvollen Kirchenschiffs. Dort, wo in einem Gotteshaus der Altar stehen sollte, erkennen wir ein leicht erhöhtes Podest, welches durch die nahezu überbordende Dekoration in ein Blumenmeer verwandelt worden ist. Davor ist Platz für Hunderte von Gästen und es haben auch etliche Angestellte der PCWA, Wrestler und einige geladene Gäste aus dem privaten Umfeld des Brautpaares sich hier versammelt, um Zeuge dieses besonderen Moments zu werden.

Nervös nestelt Alistair an seinen Manschettenknöpfen. Der selbsternannte Superstar hat sich, dem Anlass entsprechend, ordentlich in Schale geworfen. Statt des Trainingsanzuges, den er noch bei seiner Konfrontation mit Azrael Rage trug, ist er nun in einen edlen dunklen Zwirn gehüllt. Ein Geschenk eines exklusiven Herrenausstatters, der sich später damit rühmen wird, den vielleicht begehrtesten Junggesellen dieses Planeten in einen edlen Zwirn gehüllt zu haben. Trotzdem fühlt Alistair sich in dem ungewohnten Suit ein wenig unwohl. Er merkt, dass seine Hände etwas schwitzen und er weiß einfach nicht, wohin mit ihnen, so dass er damit fortsetzt, wieder und wieder an den Ärmeln seines Hemdes zu zupfen. Das leise Räuspern des direkt vor ihm stehenden Standesbeamten reißt ihn aus seinen Gedanken. Er blickt auf und sieht direkt in das Gesicht des gutmütig wirkenden Chinesen, der in seinem Leben sicherlich schon Hunderte solcher Momente erlebt hat. Er lächelt. Meist sind es die Männer, die nervös sind.

Die Kameras schwenken noch einmal kurz über die Reihen der Zuschauer und wir bemerken so manches gespannte Gesicht. Auch Blake ist anwesend, begleitet von seinen beiden Securities. Noch immer trägt er das 'Mad Dog'-T-Shirt und macht auch sonst nicht den Anschein von Formalität. Es mag ungewohnt erscheinen, ihn und einen Teil unseres Rosters nicht in seinem Ringoutfit zu sehen, aber schon schwenkt die Kamera wieder zurück und dann auf den Eingang. Ein Raunen geht in diesem Moment durch den Saal. Cinderella Rage erscheint dort. Alistair wendet sich um und fast bleibt ihm der Atem weg.

Wie schön sie doch ist.

Cinderella trägt ein klassiches weißes Hochzeitskleid mit einer langen Schleppe, welches vorne allerdings provokativ kurz geschnitten ist und uns einen verführerischen Blick auf ihre in weißen Nylons steckenden Beine gewährt. Sie geht etwas unsicher auf ihren hochhackigen Schuhen, aber als sie fast ins Straucheln zu geraten droht, kann sie sich an der Hand des Mannes festhalten, der an ihrer Seite ist. An der Hand ihres Vaters. Die Miene von Azrael Rage ist versteinert, wie auch seine Sonnenbrille und ein Glas mit viel Whiskey in seiner Hand. Zudem wirkt irgendwie auch er in seinem ebenfalls edlen Anzug deplatziert.

Meter, die sich manchmal wie viele Meilen anfühlen. Es ist ein langer Weg, dazu geschaffen, um bewältigt zu werden. Ein leises Tuscheln rechts und links, während Felix Mendelssohn Bartholdys Hochzeitsmarsch erklingt und Braut mit Brautvater an den Zuschauerreihen vorbei gehen. Fünf Meter noch. Vier. Drei. Zwei. Die Sonnenbrille des Schwarzbringers und somit auch sein Blick ist starr auf Alistair gerichtet, der ihn jedoch überhaupt nicht beachtet. Er hat nur Augen für Cinderella. Seine Cinderella.

Einen Meter vor dem Bräutigam bleiben Vater und Tochter stehen. Nun ist es Zeit loszulassen. Cinderella merkt, wie sich die Finger ihres Vaters noch einmal etwas fester um ihre Hand legen. Einen Moment zu lange, dann aber lässt er los. Azrael tritt zur Seite, heraus aus dem Fokus des Geschehens. Nun ist er nur noch eine Randfigur.

Der Standesbeamte öffnet den Mund, um etwas zu sagen, aber just in diesem Moment unterbricht ein Klirren die andächtige Stille. Alle wenden ihren Blick zu Blake, vor dessen Füßen lauter Glasscherben liegen. Unschuldig zuckt er mit den Schultern – er hat das Glas ja schließlich „nur aus Versehen“ fallen lassen.

Lucifer versucht die Situation zu überspielen.

Gabriel Lucifer: „Scherben bringen ja bekanntlich Glück…“

Der Standesbeamte räuspert sich und sofort ist die Aufmerksamkeit wieder beim Brautpaar.

Standesbeamte: „Vielleicht sollten wir das alle als ein gutes Omen sehen.“

Allgemeines Gelächter, nur ein einziger Gast würde am liebsten vor Scham im Boden versinken.

Standesbeamter: "Wir sind heute zusammen gekommen, da sich ein junges Brautpaar das Ja-Wort geben möchte..."

Alistair merkt, wie ihm das Herz bis zum Hals schlägt. Seine Hand zittert, aber in diesem Moment spürt er eine Berührung. Cinderella hat ihre Finger um seine geschlungen und er merkt, dass auch sie nervös ist. Er greift etwas fester zu, so als wolle er sie nicht mehr loslassen. Lächelnd wendet er sich ein wenig zu seiner Braut, um sie zu erkennen. Hinter ihrem Schleier sieht er deutlich ihr Lächeln und seine Augen verharren auf ihrem Gesicht. So wunderschön, geschaffen für die Ewigkeit. Der Standesbeamte spricht weiter, aber Alistair kann den Worten nicht mehr folgen. Was sind Worte schon im Vergleich zum Glück, welches nur wahre Liebe verschafft?

Standesbeamter: "... und deshalb... ein ganz besonderer Moment..."

Obwohl es mit die wichtigsten Worte ihres Lebens sind, hört Cinderella kaum hin. Ihre Gedanken sind in Erinnerungen. Bei einem ersten Date, wo Alistair dachte er könnte sie wie eines seiner Betthäschen behandeln. Bei einem Gitarrensong von Alistair für sie. Bei dem Moment wie dieser tolle Mann in die Knie ging, um sie zu bitten seine Frau zu werden. Da besinnt sie sich wieder. Sie sollte zuhören, obwohl sie ihr Glück vor Aufregung kaum zum Ausdruck bringen kann.

Standebeamter: "... und wenn jemand Einwände gegen diese Eheschließung hat, so möge er jetzt sprechen oder für immer schweigen."

Für einen Moment herrscht eine entsetzliche Stille. Alle Blicke ruhen in diesem Augenblick auf Azrael Rage, der etwas abseits steht. Noch immer ist sein Blick versteinert, ist sein Haupt zu Boden geneigt und kurz denkt Rage, dass sich sein Agent immer noch nicht gemeldet hat. Den Gerasy kann er wohl für das Erste abschreiben. So nippt er an seinem Whiskey und blickt sich dann um. Natürlich erkennt er wie alle Blicke auf ihn gerichtet sind. Verwunderung ist dem lebenden Schwarz deutlich anzusehen.

Azrael Rage: „Was?“

Schulterzucken aller Beteiligten. Der Fokus wird von Rage genommen. Auch der Platz von Blake Milton ist mittlerweile verwaist. Er hat die Hochzeit längst verlassen. Ein plötzlicher Schlag auf den edlen Boden. Eine laute Männerstimme plärrt durch den Raum.

"Ja! Ich habe Einwände!"

Ein entsetztes Murmeln setzt ein, aber es war nicht Azrael, der diese Worte gesprochen hat. Wir erkennen einen weiteren, offenbar ungebetenen Gast, der den Hochzeitssaal gerade betreten hat. Im Gegensatz zu den anderen Gästen trägt er ein Outfit, in dem man ihn kennt. Schwarze Lederjacke, rotes Shirt, schwarze Hose und weiße Sneaker. An der Hand zwei Ringe, um den Hals eine Armymarke. Einen der Ringe hat er von ihr... In seiner Hand hält die kubanische Rache einen langen Stab, an dessen Kopf eine rote Kugel sitzt. Man muss sich fragen, welchem Rentner Blaze den Spazierstock gestohlen hat. Seine Augen flackern zornig.

Blaze: "Was ist mit mir?"

Irritation in den Blicken der Gäste.

Blaze: "Was willst du gieriger Wurm noch alles an dich reißen? Ich soll dir dein Glück gönnen, wenn mir meines verwehrt bleibt?"

Blaze ist jetzt fast bei Alistair angekommen. Sämtliche Augen des Raumes lauern auf den beiden Männern, doch keiner scheint eingreifen zu wollen. Wieder schlägt der Kubaner wütend auf den Boden ein.

Blaze: "Was willst du gieriger Wurm noch? HUH?"

Jemand, der schräg hinter Blaze sitzt, setzt an aufzustehen, doch Blaze dreht sich wie ein Wirbelwind um die eigene Achse und schlägt erneut mit seinem Stab auf den Boden. Sofort setzt sich der Mann wieder. Dann ein hässliches Grinsen auf den Lippen der schwarzen Rache. Langsam beugt er sich zu dem Mann vor. Auf seinen Lippen flüstert er ein "Warum ... eigentlich ... nicht?" mit. In diesem Moment streckt Blaze seinen rechten Arm nach hinten, donnert den Stab damit zurück und direkt in die Weichteile von Alistair, der keuchend zu Boden geht.

Blaze: "Da, gieriger Wurm! Nimm noch mehr von allem!!"

Jetzt ein Schlag auf Alistairs Hinterkopf. Blut fließt aus seinem Haaransatz. Cinderella kreischt panisch auf.

Blaze: "Du willst es doch, also nimm es! Warum ... eigentlich ... nicht ... Wurm?"

Als Blaze diese Worte sagt, dreht er sich lüstern zu Cinderella um. Alistair packt ihn vergeblich am Hosenboden. Schießen dem Superstar da Tränen des Entsetzens in die Augen? Entsetzen macht sich in jedem Fall breit, während der getroffene Bräutigam blutend am Boden liegt und dem Kubaner hinterher kriecht. Viele der Gäste erscheinen indes vor Entsetzen wie gelähmt.

Blaze: "Wie sieht es aus, Cinderella... willst auch du noch mehr Glück, das ich verdiene? Willst du, dass ich dir mein Glück ins Gesicht spritze?"

Jetzt wird der Brautvater Azrael Rage aktiv und stellt sich schützend vor Cinderella. Selbst sein steinerner Blick kann die Wut auf den Kubaner nicht verbergen.

Blaze: "Es soll für mich ja bloß nichts übrig bleiben! Ist es nicht so!?!"

Zwei der Gäste haben Mut gefasst und schleichen sich von hinten an Blaze heran. Dessen Lippen beginnen jetzt zu zittern.

Blaze: "Ich war glücklich... und was ist jetzt?"

Da schielt der Blick der Rache gen der ausladenden Panoramafenster des prunkvollen Raumes. Ansatzlos springt der Kubaner ab, dreht sich im Flug und schmettert die rote Kugel dem ersten Gast hinter sich an die Schläfe. Der zweite bekommt ebenfalls einen Schlag ins Gesicht, bevor er reagieren kann. Beide gehen blutend zu Boden. Währenddessen sehen wir Cinderella im Hintergrund, die ihrem Vater ein verzweifeltes "Tu Doch endlich etwas!" entgegenbrüllt. Der Teufel aber schüttelt den Kopf. Er wird seine Tochter schützen um jeden Preis. Wenn er jetzt gegen den Kubaner vorgehen würde, könnte sie in Gefahr geraten. Zugegeben, Alistair ist ein für ihn verschmerzbares Opfer. Blaze, der die blutenden Gäste am Boden mit weiteren Schlägen eingedeckt hat, brüllt jetzt in die Menge.

Blaze: "Will noch jemand bluten? Zwei Liter in den Boden für nur drei Schläge, ich bediene euch gern!"

In der Drehung zurück zum Bräutigam flüsternd.

Blaze: "Dachte ich mir..."

Alistairs Stimme ist nur noch ein Röcheln. Sein Gesicht ist blutüberströmt und auch aus seinem Mund dringt ein Schwall roten Schaums, als er Blaze etwas entgegen schmettert.

Alistair: "Du... verdammter... Bastard..."

Der Kubaner kniet sich jetzt neben den Superstar.

Blaze: "Mir wäre es nur recht, wenn diese Hochzeit mit der Rage-Hure dir dein Leben versaut, Alistair. Nichts anderes wollte Patricia von mir, doch dieser Auftritt hatte einen anderen Grund, ein weiterer Haken an der Sache. Glaubt ihr, ich hätte euer Inzestgemauschel nicht bemerkt? Denkt ich wirklich, ich lasse mich verdrängen, um die Fußnote eines fetten Fans zu bleiben, der mir mit Pringles vollgestopftem Maul erklärt, ich wäre ein Nebendarsteller in dieser Aufführung? Ihr solltet mich besser kennen! Ich reiße an mich, was ich an mich reißen will!"

Alistair versucht aufzustehen, aber seine Knie versagen ihm den Dienst. Ein Fußtritt des Kubaners befördert ihn wieder auf den Boden zurück.

Alistair: "Ich werde dich jagen und zur Rechenschaft ziehen..."

Jetzt brüllt er in Alistairs Ohr.

Blaze: "MIR steht der Gerasy Shot zu und sonst keinem! Was ich mir durch einen Quest 4 The Best Sieg 2010 hart erarbeiten musste, willst du dir schenken lassen? Sicher nicht! Person B hat mir bestätigt, dass unser Triple Threat Match am Out of Ashes automatisch zum #1 Contender Match um den Gerasy wird, wenn ich dafür sorge. Kein "Ja, ich will", keine Hochzeit,... keine Geschenke. Meine Königin hätte es gefreut wie dein Blut auf dem Boden. Aus dem sinkenden Morgenstern hätte in seinem neu aufleuchtenden Antlitz der Phoenix wieder aufsteigen können, an ihrer Schönheit und Anmut vorbei, ihr Lächeln betonend ob dieses fröhlichen Tages. Und so wird dieser Tag enden, ohne ein fröhlich-pervers herausgestöhntes "Ja, ich will" der Rage-Hure, aber leider auch ohne den erneuten Aufstieg des Phoenix."

Ein finaler Tritt gegen Alistairs Rippen. Der Superstar stöhnt auf. Noch einmal tritt Blaze nach. Und noch einmal. Noch einmal. Wie im Wahn. Verzweifelte Tränen schießen aus seinen Augen.

Blaze: "Lasst euch von den Lügen der Firma nicht blenden. Meine Königin... Patricia.... Jessie... sie ist tot. Und hiermit mache ich ihr das größte Abschiedsgeschenk, das ein Mann seiner Geliebten machen kann. Ich zerstöre euer Glück und setzte mich selbst an die Position, die mir gebührt."

Die Hochzeit... verhindern? Patricia... tot? Alistair spürt, wie sich jedes einzelne Wort des Kubaners in sein Bewusstsein brennt. Aber bevor er diesen Gedanken überhaupt greifen kann, lässt ein weiterer Tritt seinen Verstand in einer Welle des Schmerzes davon treiben.

Alistair: "Und wenn es das letzte ist, was ich in dieser Liga tun werde..."

Cinderella will sich nun von ihrem Vater losreißen, aber dieser hält sie nur umso fester. Leise flüstert er ihr zu, obwohl der Zorn ihm ins Gesicht geschrieben steht… dabei stört ihn weniger, dass diese unsägliche Hochzeit zunichte gemacht wurde und es stört ihn erst recht nicht, dass er damit in einem Match um den Nummer Eins Herausforderer für den Undisputed Gerasy steht. Es stört ihn, dass seine geliebte Tochter weint, es stört ihn, dass sie unglücklich ist und es stört ihn etwas, was ihn seit langer, langer Zeit stört… BLAZE!

Azrael Rage: „Nicht hier, nicht heute. Sei vernünftig. Er will ihn nicht töten. Alistair wird es überstehen, aber Blaze hält den Schlagstock in der Hand und ich kann Dich nicht beschützen, weil ich nicht garantieren kann ihn aufzuhalten. Wir müssen warten… Ich verspreche dafür wird sein Blut noch fließen, aber nicht jetzt. Es wird fließen.“

Ein gehässiges Grinsen auf den Lippen des Kubaners, dass jedes andere Gefühl überspielt. Und trotzdem liegt in seinen Augen Trauer begraben.

Blaze: "Ja, ich will."

Das sind die letzten Worte, die der Kubaner sagt, bevor er von dem endlich eingetroffenen Wachdienst des Venetian überwältigt wird. Teilnahmslos lässt er sich festnehmen.
Zurück bleibt gelähmtes Entsetzen und das Bild fadet langsam aus.