Scene

Id
3125  
Name
Can i play with madness  
Summary
 
Position
8  
Scenetype
Live  
Created At
2016-11-29 18:56:16  
Edited At
2016-12-27 00:18:10  
Show
Imperial Impact 11  


Mit dem Brüllen eines Dinosauries knattert der blaue Pickup Truck auf den Parkplatz der PCWA. Der Fahrer scheint entweder wahnsinnig oder komplett rücksichtslos zu sein, um mit solch einem Schrotthaufen sich besonders bei diesem Wetter auch nur in die Nähe einer Straße zu wagen. Allerdings scheint dieser das Gefährt doch mit einer gewissen Sicherheit über den verschneiten Asphalt zu lenken, sodass er, ohne jemandem zu schaden, das Monstrum in eine freie Parklücke manövriert.

Der Motor kommt mit einem lauten Röcheln zum Stehen. Die Tür schwingt auf und ein gut gelaunter Kevin Sharpe steigt aus. Mit knirschenden Schritten umrundet er den Truck und tätschelt beinahe liebevoll den schon angerosteten Kotflügel. Er musste das Fahrzeug einfach aus Amerika nach Deutschland holen. Er teilt zu viele angenehme und schöne Erinnerungen damit. Und diese sollte man immer präsent im Kopf halten und nicht verdrängen. Das hat er bei seinen Sitzungen gelernt.

Er öffnet die Beifahrertür, holt seine Tasche heraus und schließt sanft die Tür.

Sharpe: "Aus dir machen wir noch ein richtiges Schmuckstück."

Es ist dieses Gefühl, wenn eine unangenehme Präsenz in unmittelbarer Nähe erscheint. Womöglich war es auch nur frostige Hauch der Nacht, der den Geruch von Zigarettenrauch an seine Nase getragen hat. Sharpe dreht den Kopf leicht zur Seite und erkennt sofort, wer sich da an ihn 'herangeschlichen' hat.

Sharpe: "Was willst du... ich denke nicht, dass wir uns noch irgendetwas zu sagen haben."

Neckisch legt der Neuankömmling den Kopf schief, bedenkt Kevin Sharpe mit einem Lächeln, das man beinahe als verständnisvoll interpretieren könnte, wenn es der Mann aus Nashville, Tennessee nicht besser wissen würde. Eingemummelt in einer olivgrünen Winterjacke und einem grauen Wollschal. Das Haupt bedeckt von Schneeflocken, die der pechschwarze Himmel unerschöpflich auf die Erde schickt. Die zittrigen Finger eine tapfer gegen die frostigen Temperaturen ankämpfende Zigarette haltend.

Kriss Dalmi: "Ich habe deine Videos gesehen."

Kevin stockt. "Deine Videos". Kurzzeitig redet er sich ein, dass der Serbe andere Videos meinen könnte – Vignetten, Highlight Reels, Interviews. Nicht etwa... DIE Videos, die von den Therapiesitzungen mit Dr. Pohl gemacht wurden.

Kriss Dalmi: "Interessanter Scheiß, Kevin. Wirklich interessanter Scheiß. Es war, als wäre ich selbst da gewesen, als dieser alte Quacksalber dir den Kurbelbohrer an die Stirn gesetzt und den ganzen mentalen Schlick an die Oberfläche gebracht hat. Es erinnerte mich daran, nicht allein auf dieser Welt zu sein."

Kevin lacht laut auf. Etwas zu laut, womit er seine eigene Unsicherheit zu überspielen versucht. Er fühlt sich unwohl in der Gegenwart des Serben. Zu viele Erinnerungen an den Keller... an Grizz... an Blackheart.

Etwas fester als es eigentlich sein sollte stellt er die Tasche auf dem zugeschneiten Boden ab und funkelt den Mann aus Belgrad wütend an.

Sharpe: "Versuche erst gar nicht, mich auch nur in irgendeiner Form mit dir vergleichen zu wollen. Der einzig Wahnsinnige, der hier auf dem Parkplatz steht, bist DU! Sonst niemand! Und ich würde dir raten, dich sofort aus meinem Tanzbereich zu begeben. Oder denkst du, ich habe alles vergessen, was passiert ist?"

Bilder erscheinen in seinem Kopf. Bleed... Kriss Dalmi... Kunst Ex. Er ballt die Fäuste. Nur zu gerne würde er dem Serben sofort mit voller Wucht ins Gesicht schlagen. Selbst nach all der vergangenen Zeit kann und will er ihm nicht vergeben. Doch er entspannt sich. Zählt im Geist bis Zehn. Atmet tief durch. Holt sich Bilder in seine Gedanken, die ihm ein gutes Gefühl vermitteln.

Er greift nach der Tasche auf dem Boden und wirft diese über die Schulter.

Sharpe: "Du bist es nicht wert, dass man sich an dir die Hände schmutzig macht. Wenn du mich nun entschuldigst... ich würde jetzt gern rein gehen und mich vorbereiten."

Er will an Dalmi vorbei, doch der legt ihm die flache Hand auf die Brust.

Kriss Dalmi: "Du machst es mir gerade wirklich einfach, weißt du das eigentlich? Hast du nichts aus deinem Urlaub in der Charité gelernt? Für mich sieht das verdächtig nach dem Verhalten aus, das erst zu deiner Auszeit geführt und deine... Schokoladenseite zum Vorschein gebracht hat. Doch, Kev. Du willst vergessen! Alles davon! Ich bin die niedrigste Hürde, die du an diesem Abend nehmen musst, weil ich ausnahmsweise nicht hier bin, um dir Leid anzutun, aber selbst das gelingt dir nicht. Aus Angst, dass ich in deinen Augen versehentlich die schlummernde Totenkopffratze aufwecken könnte und alles von Neuem beginnt. Erinnere dich! Von uns Vieren im Keller war ich derjenige, der sich für dich eingesetzt hat, obwohl L33 dich in das Loch zurückverbannen wollte, in das er die zerschundenen Überreste deines alten Ichs geworfen hat. Ich hab's gesehen, Kevin. Zwei Herzen, die im ewigen Zwiespalt zueinander stehen, die in jeder Millisekunde deiner Existenz um die Definitionshoheit von Kevin Sharpe ringen. Das kannst du nicht verneinen, du kannst dich nicht verneinen... Blacky."

Im Bruchteil nicht mal einer Sekunde fällt die Tasche zu Boden. Sharpe schnellt vor, packt den Serben mit beiden Händen an der Jacke und schleudert ihn herum, sodass er mit einem blechernen Klang gegen die Seite des blauen Pickups kracht. Kein Happy Place mehr... kein entspanntes Atmen oder Zählen von Zehn auf Null. Kevins Gesicht ist nur Zentimeter von dem seines Gegenübers entfernt und er zischt durch zusammengebissene Zähne.

Sharpe: "Was weißt du von Wahnsinn, hm? Weißt du, wie es ist, sich zwischen seelenlosen Hüllen auf der geschlossenen Station einer Psychatrie zu bewegen? Wenn du allein gelassen bist mit deinen eigenen Gedanken und du einfach nur deinen Kopf gegen die Wand schlagen willst, damit es aufhört? Wenn du nicht weißt, ob du Lachen oder Weinen möchtest? Wenn du nur noch STERBEN willst? SAG ES MIR!!!"

Warmer Speichel landet auf dem Gesicht des Serben, der sich jedoch sogleich von seinem Gegenüber losreißt und mit voller Wucht nach hinten schubst, sodass der einstige Bl4ckhe4rt mit dem Hosenboden auf dem beschneiten Parkplatz landet. Verwirrt blinzelt Kevin den Serben an. Mit so einer Kraftexplosion hat er nicht gerechnet. Dalmi hatte ihn wie einen Schuljungen in den Dreck geworfen.

Kriss Dalmi: "Give me a FUCKING break, Kevin!"

Er brüllt es ihm entgegen, als müsste er gerade ein bockiges Kind schelten. Sharpe erhebt sich langsam und klopft den Schnee aus den Hosen.

Kriss Dalmi: "Denkst du wirklich, du bist die einzige spezielle Schneeflocke, die diese Scheiße mitgemacht hat? Station 152a – 'fakultativ beschützte Aufnahmestation für affektive Störungen', du Fotze! Bei mir nahm man das mit dem 'fakultativ' als Problempatient allerdings nicht so genau. Der gute Frederick hat extra für mich sogar noch einen waschechten Throwback-Moment der modernen Medizin ausgepackt und mich in eine Zwangsjacke stecken lassen, weil er sich mit mir nicht mehr anders zu helfen wusste. Und wofür? Für Pillencocktails und sich im Kreis drehende Gespräche! Als ob das irgendwelche Auswirkungen gehabt hätte. Als wäre es nicht produktiver gewesen, sich einfach wieder AstroHappy in die Venen zu jagen und sich fallen zu lassen, um in der Nacht nicht vom Getöse detonierender Bomben und Bildern lichterloh brennender Menschen oder rauchender Häuserschluchten heimgesucht zu werden. Glaubst du denn, das hat diesen alten Knacker interessiert? Glaubst du, das hat irgendjemanden in der Charité interessiert? Ich sage dir, was sie interessiert hat. Das verdammte Versicherungsgeld, das wie Milch und Honig in ihre unersättlichen Mäuler geflossen ist. Mein Erfolg war absolut zweirangig und das war er auch bei dir, du Vollidiot! Was hat er dir erzählt, huh? Welches Narrativ hat er dir aufgetischt, damit du dich nicht mehr deiner Probleme schämen musst?"

Mit offenem Mund hat Kevin der Predigt des Belgraders gelauscht. Hatte er richtig gehört?

Sharpe: "Du... du bist auch in der Klinik gewesen? Das..."

Er geht einen Schritt auf Dalmi zu.

Sharpe: "Das wusste ich nicht. Es tut... "

Kriss Dalmi: "Spar dir dein Mitleid."

Dalmis kondensierender Atem visualisiert das abfällige Zischen noch zusätzlich. Er langt in seine Jackentasche, holt von dort eine Schachtel Zigaretten hervor, aus der er sich einen der Glimmstängel in seinen rechten Mundwinkel klemmt. Auch dem Mann aus Nashville, Tennessee wird eine angeboten und so stehen sie kurz darauf rauchend auf dem Parkplatz vor dem PCWA Dome. Saugen ihre Lungen mit dem ätherischen Tod voll. Beobachten die in der Luft tanzenden Eiskristalle.

Ausgerechnet der Serbe ist es, der nach mehreren Herzschlägen die andächtige Stille mit einem nüchternen Ton bricht, der im völligen Kontrast zu seinem vorherigen Wutausbruch steht.

Kriss Dalmi: "Weißt du, wo ich zum ersten Mal erfahren habe, dass ich an einer Posttraumatischen Belastungsstörung leide?"

Der Angesprochene verzieht die Stirn, kommt jedoch nicht dazu, eine Mutmaßung anzustellen.

Kriss Dalmi: "Der klassische Ort, an den man geht, wenn man als Teenager auf Sinnsuche ist und wissen will, was mit ihm nicht stimmt – das verfickte Internet! Und willst du auch wissen, wieso ich zuerst dort nach Antworten gesucht habe und nicht zu einem Seelenklempner ging?"

Ein vor Selbstspott triefendes Lächeln stiehlt sich auf die serbischen Lippen, als er weiteren Rauch in die Atmosphäre schickt.

Kriss Dalmi: "Weil niemand in meiner Familie an einen solchen Schwachsinn wie psychische Störungen geglaubt hat. Weil sie glaubten, dass es reichen würde, vor Milošević und den NATO-Bomben wegzulaufen und in Deutschland ein neues Leben zu starten. Weil sie glaubten, dass es reichen würde, wenn ich mich wie meine großen Brüder zusammenreiße und endlich erwachsen werde. Weil sie glaubten, dass die Bilder irgendwann von selbst verschwinden... Wie du dir aber sicherlich denken kannst, taten sie das nicht. Ich musste da leider selber nachhelfen."

Cannabis. Speed. Benzos. Keta. H. Pappen. Pilze.
AstroHappy.

Kriss Dalmi: "Keiner hat Mitleid mit den Schwachen und in ihren Augen war ich schwach, da ich mich nicht aus eigener Kraft von diesen Erinnerungen lösen konnte. Doch ich fand einen Weg. Ganz ohne das Mitleid der anderen. Darum ist auch dein Mitleid an dieser Stelle vollkommen überflüssig."

Nachdenklich zieht Kevin an dem Lungentorpedo. Die Szenerie kommt ihm so unglaublich bekannt vor. Wie oft haben er und Eleven sich rauchend gegenüber gestanden, immer auf dem schmalen Grat zwischen philosophischem Konsens und einer ordentlichen Tracht Prügel. Ein letzter Zug, dann landet die Kippe im Schnee.

Sharpe: "Auch wenn du es nicht haben oder hören willst. Es tut mir Leid. Das entschuldigt nichts von dem, was du in der Vergangenheit getan hast... aber es lässt mich zumindest ein wenig hinter die irre Fassade blicken. Die Frage aber ist... "

Kevin greift nach seiner Sporttasche, die vom einsetztenden Schneefall schon mit einer Schicht des weißen Traums benetzt ist, und nimmt diese an sich.

Sharpe: "Wieso erzählst du ausgerechnet mir das?"

Der Serbe zuckt mit den Schultern. Er wirkt belustigt. So als wäre dieser Seelenstriptease ein banaler Fauxpax gewesen. Wie ein rohes Ei, das man aus Versehen fallen gelassen hat.

Kriss Dalmi: "Ich schätze... ich glaubte jemanden gefunden zu haben, der es verstehen würde."

Der ihn verstehen würde.

Kriss Dalmi: "Oder vielleicht liegt es auch daran, dass heute so ein besonderer Abend ist. Imperial Impact 11 – der dritte in Folge, den ich mit einem Sieg von mir krönen werde, indem ich Robert Breads sein Gold entreiße und ihn als das bloßstelle, was er ist: Ein Narr, ein Schwindler, ein Rattenfänger. Danach können sie gar nicht anders, als mich wahrzunehmen, als mir zuzuhören. Mir! Einem in ihren Augen wertlosen Stück Junkie-Dreck! Aber ich werde sie dazu zwingen. Der erste Stein dafür wurde bereits bei Vendetta 121 gelegt. Und heute Nacht wird es vollendet werden. Mein Opus Magnum, mein Geschenk an eine Liga, die ich dafür eigenhändig zu Graben tragen werde, wenn es sein muss."

Der Angesprochene nickt und schultert die Sporttasche. Noch einmal würde diese nicht im Schnee von Berlin landen.

Sharpe: "Ich verstehe es. Ob du es glauben willst oder nicht."

Er hatte diese Worte schon einmal gehört. Nicht aus Dalmi's Mund, aber mit demselben Sinn. Wenn der Ruhm zu dir kommt, dann buckelt der Pöbel.

Sharpe: "Und ich verstehe auch, dass es für dich noch nicht zu spät ist umzukehren. Du weißt, was ich meine."

Vermutlich ist das sogar so. Die serbischen Lippen umspielt ein rätselhaftes Lächeln, bei dem sich Kevin kurzzeitig fragt, ob Dalmi ihm zustimmt oder sich nur über ihn lustig macht. Er macht es nicht zum Thema, nickt stattdessen noch mal knapp, um zu signalisieren, dass er nun geht und stapft in Richtung des Domes. Der Nachtwind heult um seine von der Kälte geröteten Ohren. Darum hört er auch nicht mehr die Worte, die ihm der Belgrader noch hinterher ruft.

Kriss Dalmi: "Hat gut getan."


Mike Garland: "Hm? Habe ich das gerade wirklich richtig gehört und gesehen? Hat sich ja fast angehört, wie bei einer Selbsthilfegruppe."

Vincent Craven: "Gemeinsamkeiten verbinden scheinbar - und das bringt Kriss Dalmi dazu, so offen zu sprechen, wie noch nie in seiner PCWA Zeit. Dabei sah es zwischenzeitlich mal ganz brenzlich aus."

Mike Garland: "Bevor sich Sharpe auf dem Hosenboden wieder gefunden hat. Ob das so eine gute Idee von ihm war, zum Phönix Center zurück zu kommen?"

Vincent Craven: "Das Ausrutschen im Schnee würde ich jetzt nicht als Sinnbild nehmen. Sieh doch eher, wie Sharpe durch seine Erfahrung in der Psychiatrie, einen Typen wie Kriss Dalmi ansprechen kann."

Mike Garland: "Jaja, ähnlich wie sein Gegner Breads vorhin hat auch Dalmi gerade ein etwas anderes Gesicht gezeigt... ich weiß nur noch nicht, was ich davon halten soll."

Vincent Craven: "Davon, dass er die PCWA zu Grabe tragen will, halte ich erst einmal gar nichts. Aber dass Sharpe hier seinen Mann gegenüber einem der verrücktesten Wrestler steht, finde ich beachtlich."

Mike Garland: "Die beiden verstehen sich jedenfalls auf dieser Ebene. Auch wenn Sharpe ihn zur Umkehr mahnt... mal abwarten, wie weit es beispielsweise im Ring mit diesem Verständnis her wäre."

Vincent Craven: "Das ist ja genau wie die Ankündigungen des Serben Zukunftsmusik. Lass uns lieber mal sehen, wen Lisa zum Interview gebeten hat."  



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