Scene

Id
2463  
Name
Blut. Stacheldraht. Heroin.  
Summary
 
Position
28  
Scenetype
Live  
Created At
2015-09-22 22:31:38  
Edited At
2015-10-11 19:52:38  
Show
CORE 2015  


„Ekelhaftes Scheusal! Die furchtbarsten Qualen der Hölle sind noch viel zu gelind für dich. Verfluchter Satan, du wirfst mir vor, daß ich dich schuf! Komm her, und ich will den Funken zertreten, den ich in so leichtfertiger Weise angefacht.“

– Mary Shelley, Frankenstein oder Der moderne Prometheus

Erinnerungen flackern auf, zeichnen Bilder aus Blut und Stacheldraht, aus Heroin und Tränen, Bilder von Körpern, so obskur verdreht, dass man allenfalls an abstrakte Kunst denken kann. Er kann es riechen, das Leid, das er einst säte, kann es schmecken, das eisenversetzte Scharlachrot, das er einst erntete.

Er verharrt. Ein Ruhepol im geschäftigen Treiben an den Verkaufsständen, ein Ruhepol im allgegenwärtigen Bestreben, überteuertes Bier, ranzige Currywurst und schlecht produzierte T-Shirts zu kaufen. Mit einer Hand streicht er sich eine rote Strähne aus den Augen, bemerkt nicht, dass sie sogleich widerspenstig abermals in sein Sichtfeld gleitet. Sein Inneres steht in Flammen, er spürt dieses Verlangen, dieses Begehren, wieder ein Teil dieses großen Nonsense-Business zu sein, dass das Wrestling darstellt. Ein Teil des Teamens mit Menschen, denen man noch wenige Monate zuvor den Tod wünschte, ein Teil des blutigen Krieges mit Menschen, mit denen man noch Wochen zuvor abklatschte, damit sie diejenigen attackieren, mit denen man alleine nicht fertig wird. Er seufzt. Sein Leben ist mittlerweile mehr als das, sein Leben ist ein unerfülltes Streben, eine Sehnsucht nach dem Unbekannten, das Antreten gegen einen Sog aus Depressionen und Traurigkeit, der Wunsch nach Familie.

Und doch sind all das nur temporäre Wahrheiten, die sich als Lügen entpuppen würden, wenn er nur einmal in der passenden Situation den Vorschlaghammer in die Hand gedrückt bekäme und all das Bluten, Wimmern und Weinen von Null losgehen würde. Dann… dann wäre das Leben wieder das gewohnte Schlachtfest. Er räuspert sich. Blendet das Herumirren der Menschen aus. Vernimmt von irgendwoher melancholische Klänge, eine Stimme, die ihn lockt, eine Stimme, die nur für ihn bestimmt ist, eine Stimme, die Tausendundeine Geschichte aus seinem Leben erzählt.

Aus dem Leben der Lüge. Aus dem Leben Jeffrey Ron Arrows.

Wie eine Spürnase in einem Cartoon einem stilisierten Essensgeruch folgt, folgt er der Melodie, wiegt den Kopf sanft hin und her, hat keinen Blick über für die verwunderten Augen der Fanmengen, durch die er sich quetscht. In seinem Kopf steigt die Musik zu einem kreischenden Crescendo, wake up, wake up dead man… Adern wie stählerne Schnüre drohen sich aus seinen Unterarmen zu fressen, als er mit kräftigen Handflächen gegen die Tür stößt, hinter sich die Quelle für die kratzigen Töne befindet.

Die Lüge erwacht, dringt durch den Schleier wie ein Ertrinkender, der versucht noch ein letztes Mal den Kopf durch die endlos schwere Wasseroberfläche zu stoßen, ein Ruck lässt seinen Körper erbeben, während Schweiß anheimelnden Fingerstreichen ähnlich seinen Rücken herunterfährt und erblickt ihn: Mr. Kriss fuckin' Dalm1.

Der Serbe hockt, sein Ringoutfit zusammen mit einem schwarzen Shirt mit Franky the Bunny-Aufdruck tragend, im Schneidersatz auf einer Bank und hat sich mit dem Rücken an die hintere Wand angelehnt. Auf seinem verderblichen Schoß sitzt der silberne Titelgürtel, auf den beständig die Asche einer Zigarette zwischen seinen Fingern rieselt, welche hauchfeine Rauchfäden in die Atmosphäre spuckt, während er mit geschlossenen Augen der Musik lauscht.

Erst bei genauerem Hinsehen bemerkt die Lüge das Gesicht aus Gummi. SEIN Gesicht aus Gummi, das Gesicht des weinenden, japanischen Mädchens, es hängt an einem Auge an einem Garderobenhaken, wodurch es zu einer noch hässlicheren Fratze verzogen wird. Glotzt die Lüge unverhohlen an, scheint ihm ein lolitahaftes ‚Fick mich!‘ entgegenzuschreien, scheint ihn frivol an seine eigenes, früheres Ich erinnern zu wollen. Blut. Stacheldraht. Heroin. Mit dem Handrücken wischt die Lüge verstohlen einige Schweißtropfen von seiner Stirn, die Inszenierung der Maske – ein cleverer Schachzug des Serben, doch nichts, dass Arrow aus der Reserve locken sollte. Sollte. Blut. Stacheldraht. Heroin. Erst jetzt wird ihm gewahr, dass die Musik aus einer Soundbar irgendwo neben dem Serben ertönt. Ungefragt und rüde betätigt die Lüge die Mute-Funktion.

Die Augenlider des Belgraders klappen hoch.

Dalm1: „Ich begann langsam, mir Sorgen zu machen, ob du es noch rechtzeitig schaffen würdest, vor meinem Match hier aufzutauchen.“

Das Knistern der aufglimmenden Kippe bleibt kurzzeitig das einzige Geräusch, das die plötzlich eingekehrte Stille vertreibt. Mit der Rechten, die die den Glimmstängel hält, deutet der serbische Berserker auf den Tisch, wo eine offene Zigarettenschachtel samt aufklappbarem Zippo liegt. Benson & Hedges Black. Blake Miltons Marke.

Dalm1: „Nur zu. Nimm dir eine und lass uns reden. Darum bist du doch hergekommen, oder?“

Nur für den Bruchteil einer Sekunde mustert Arrow die offerierte Kippenschachtel. Bei dem Gedanken an Blake Milton verzieht er angewidert das Gesicht. Schüttelt dann mit einem wohlwollenden Lächeln den Kopf.

Arrow: „Nein danke, ich hatte eben erst meinen geteerten Sargnagel. Gespräche, in denen beide rauchen, wirken immer so inszeniert und gewollt cool. Ich überlass dir diesen Part heute ganz exklusiv. Aber um auf deine Frage zurückzukommen… in der Tat. Ich bin nicht hier, um mit dir Musik zu hören, auch wenn du einen ganz vorzüglichen Geschmack offenbarst. Vielmehr dachte ich,…“

Mit einer nonchalanten Geste deutet Arrow auf den Platz neben Dalm1, erteilt sich sogleich selbst die Befugnis und begibt sich ebenfalls auf die Bank. Kurz legt er den Kopf schräg, was mittlerweile das Knacken mehrerer Wirbel nach sich zieht, und betrachtet seinen ehemaligen Partner. Feixt kurz ob des grinsenden Hasenkopfes auf dem Shirt des Serben, atmet tief durch und fährt fort.

Arrow: „… wir könnten unser Gespräch an diesem Ort unter gesitteteren Umständen fortführen. Verrückt, oder, dass diese Worte ausgerechnet aus meinem Mund kommen…“

Ein neuerlicher knisternder Zug vom Belgrader. Und wieder quillt aus dem Mund mit den perfekt weißen Zähnen formloser Rauch, welcher sich an die Decke schlängelt.

Dalm1: „Es war weder der rechte Ort, noch die rechte Zeit dafür. Wir waren schließlich alle da, um Mad Dog in dieser schwersten aller Zeiten ein letztes Mal beizustehen, bevor er sich mit ausgebreiteten Armen dem Abgrund entgegenschmeißt. Er ist kurz davor, alles zu verlieren, Jeffy.“

„Mad Dog verliert alles“. Unbewusst rückt die Lüge einige Zentimeter beiseite. Blinzelt heftig. Blut. Stacheldraht. Heroin. Bruchstückhaft sieht er das gläserne Lächeln, das die Lippen des Serben zeichnet. Blinzelt erneut. Sieht vor seinem inneren Auge Yai, die in einem Regen aus Blut tanzt, Blut, das aus dem geschundenen und geschächteten Leib des verrückten Hundes schießt, der dort hängt, kopfüber, das Männlein aus Purpur, hört sie lachen, kreischen, weinen. Blinzelt erneut. Sieht die Kinder des verrückten Hundes in seinen eigenen Armen, sieht sich selber in einem Film aus einer bedrückend fragilen Realität. Blut. Stacheldraht. Heroin. Besessenheit. Staunen. Hochmut. Es steht Dalm1 nicht zu, steht ihm nicht zu, steht ihm nicht… Mad Dog gehört ihm, gehörte immer schon ihm, sollte immer schon seines sein. Die Lüge lächelt. Voll von aufrichtiger Falschheit. Mad Dog gehört zu ihm. Er gehört zu Mad Dog. Was einst entzweit war, ist jetzt eins. Berufung. Stabilität. Herzlichkeit.

Arrow: „Du… ihr ward da, um ihm beizustehen? Mir steht der Sinn nicht nach Spielen, Kriss. Auch wenn das alles jetzt schon eine Weile her ist, all dieses Jagen und Zerfleischen, so gut solltest du mich nach wie vor kennen. Und genauso gut kenne ich DICH noch immer. Du warst nur für den Knalleffekt da, für diesen einen, entscheidenden Schlag, ein Präventivschlag, wenn man so will, mit dem du dir einen Vorteil für euren Kampf verschaffen wolltest. Du wusstest, dass die Situation eskalieren würde, du wusstest, dass alle Anwesenden dein Fehlverhalten auf den Hund abwälzen würden… an und für sich ein kluger Schachzug. Und doch… unwürdig. Ich wusste, dass du auf den Grenzen balancierst, sie verschiebst und auch dort abermals deinen perfiden Tanz aufführst… doch war es das wert? Eine Beerdigung zur eigenen Bühne zu machen?“

Dalm1s Antwort ist bloß ein verächtliches Zischen, während seine Blicke einen unbestimmten Punkt an der Decke suchen. Die Augen der Lüge hingegen gleiten hinab, auf den Schoß des Serben, wo das aschene Titelsilber weilt.

Arrow: „All das, was Mad Dog und ich früher gemacht haben – das war wahre Kunst. Kunst, die sich aus freien, verdrehten Geistern schälte wie ein Schmetterling aus seinem Kokon. Wir haben einfach das große Panta Rhei gelebt, alles war im Fluss und doch war es niemals derselbe Fluss. All die Perversionen, all die Obszönitäten ergaben sich einfach so, wir schafften Kunst aus Blut, Stacheldraht und Heroin, wir schrieben unsere eigene Philosophie und benutzten dafür die Ängste und Sehnsüchte des anderen. Wir waren rein, wir waren die bestialischen Söhne des Heraklit.“

Die Lüge drückt sich von der Wand ab, die Augen zu schmalen, von zarten Wimpern geränderten Schlitzen verzogen.

Arrow: „Der Ring war deine Leinwand, richtig? Ihr Blut die Farbe deiner sanften Pinselstriche? Die Beerdigung deine große Bühne… merkst du den Unterschied zwischen uns, Kriss? All das, was du tust, sind bloße Inszenierungen. Ein, zugegebenermaßen geschicktes, Imitieren von Tat, Zeit und Ort. Doch auch eine geschickte Imitation ist nichts anderes als eine Imitation. Und als du gemerkt hast, dass deinen Inszenierungen das gewisse Etwas fehlte, das Quäntchen, das die Menschen in Staunen, Angst und Schrecken versetzt, das Quäntchen, das dich in jedermanns Erinnerung rufen würde… da hast du versucht, Schandtaten zu überhöhen. Schlimmer zu sein, als das Original, um jeden Preis blutrünstiger, hinterlistiger, erinnerungswürdiger zu sein… eine Beerdigung? Für einen Titel im Wrestling? War es das wert, soweit zu gehen, Kriss? Soweit, dass du vergessen wirst, wie du jemals umdrehen kannst?“

Eine rhetorische Frage. Oder?

Nicht wenn es nach dem Meister der Geschmacklosigkeiten geht, der aus seiner entspannten Sitzhaltung plötzlich in die Höhe schießt, wobei die Cryption Crown mit einem blechernen Klang auf den Boden fällt und dort liegenbleibt. Frage beantwortet. Oder?

Dalm1: „Wie lächerlich du tönst, Jeffrey Ron Arrow. Du trittst mir mit deinen ekelhaft schönen Zügen aus Porzellan vor die Augen und spielst dich als der große Freund von Mad Dog auf, obwohl du derjenige warst, der seine Finger nach allen Seiten ausgestreckt und seine Lügen verbreitet hat, um dem tollwütigen Hund für sein Scheitern die pompöseste aller Bühnen zu bereiten.“

Inzwischen ist die Stimmung komplett umgeschlagen. War das Wiedersehen der beiden Männer bis vor kurzem noch von einer freundschaft-ähnlichen Intimität geprägt, ist dieser nun komplett in beidseitige Animosität umgeschlagen. Unterschwellige Wut, die schon seit langem in dem Serben brodelt, ist an die Oberfläche geschwappt. Die bis auf den Filter abgebrannte Zigarette lässt der Belgrader aus seinen Fingern gleiten und baut sich vor dem immer noch sitzenden Arrow auf.

Dalm1: „Aber was ist passiert, Jeffy? War es nicht so, dass es dazu gar nicht erst kam, weil du aus Gründen, die für mich weiterhin noch im Dunkeln liegen, einfach ausgestiegen bist?! War es nicht so, dass du mich einfach im Stich gelassen hast?! Erinnere dich, Lüge! Du bist gegangen und das einzige, das du mir dagelassen hast, war deine Maske und eine Myriade an Fragen, die auch nicht beantwortet wurden, nachdem der letzte Schleier fiel.“

Die Verbrennungen. Die finale Maske.

Dalm1: „Du hättest die Möglichkeit dazu gehabt, ich war doch bei Out of Ashes und ich bin mir auch sicher, dass du mich dort gesehen hast, aber du bist nicht gekommen. Dich hat es nicht interessiert, weil du lieber den Babysitter für die Tochter deines früheren, ärgsten Feindes gespielt hast. War das an dem Abend vielleicht ironisch gemeint, oder hat die Namenspatronin ihre Lüge auf der Suche nach der idyllischen Familienillusion am Ende doch noch eingeholt?"

Stille legt sich wie ein Leichentuch über die Kabine. Für einen Moment starren sich die beiden Männer nur an. Verachtung für Jeffrey Ron Arrow. Unverständnis für Kriss Dalm1.

Arrow: „Auch wenn du in mir nur noch den Babysitter deiner Erznemesis siehst – ich schulde dir keinerlei Rechenschaft, Kriss. Du wagst es, Fragen nach dem Warum zu stellen? Nur weil wir ein Stück des Weges zusammengegangen sind, heißt das noch lange nicht, dass du mich kennst oder verstehst. Du beweist es selbst Mal für Mal, wenn du meine Taten nachäffst und dabei aussiehst wie ein blutiger Anfänger. Jedes Mal, wenn dir jeglicher Sinn für Ästhetik und Anmut fehlt, jedes Mal, wenn du Kunst formen willst und rohen Dilettantismus schaffst. Dir ist die Welt fremd, in der ich wandele, du bist nur eine weitere Pik 7 in meinem Kartenhaus aus Lügen, nicht mehr, nicht weniger. Sieh dich doch nur an, Dalm1 – kaum habe ich dir den Rücken zugewandt, bist du zu Eleven gekrochen. Weil du nicht allein sein kannst, weil du niemand bist, der führen kann. Du bist dazu geboren, dazu verdammt, Fußstapfen auszufüllen, die dir zu groß sind, immer zu groß sein werden. Du bist das verfluchte Kleinkind, das wütend durch den Schnee springt und versucht, die Spuren seiner Ahnen zu verwischen, weil die ewigen Sprünge in den nächsten Fußabdruck zu kräftezehrend sind, das verfluchte Kleinkind, das irgendwann einsieht, dass es noch so schnell rennen kann, den Vorsprung, den Vorfahren haben, wird es niemals einholen.“

Erschöpft hält die Lüge inne. Sucht die Augen des Serben. Hält dessen wirren Blick stand.

Arrow: „Ist es das, wieso du versuchst, Mad Dog zu besiegen? Weil du glaubst, du könntest dich auf diese Weise an mir rächen, mir aufzeigen, was ich niemals geschafft habe und gleichzeitig zerstören, womit ich Frieden geschlossen habe?“

Kriss Dalm1s Augen und sein Mund weiten sich. Kurzzeitig wirkt es so, als ob er sich ertappt fühlt, dann wandelt sich sein überraschter Gesichtsausdruck in eine missfällige Miene.

Dalm1: „Das ist das Szenario, das dir sicherlich am besten gefallen würde, Jeffy. Aber gut, spinnen wir das Gedankenkonstrukt doch ruhig weiter und spielen wir einmal mehr dein Spiel, so wie wir es in der Vergangenheit getan haben. Nehmen wir an, dass ich von dem Moment an, als ich Mad Dog das AstroHappy gespritzt habe, um ein Match gegen ihn zu forcieren, ihn zu schlagen und letztendlich dich aus der Reserve zu locken, damit ich mich an dir rächen kann. Würde ich dir mit dem, was bereits geschehen ist, nicht eher helfen? Wäre ich dann nicht der, der dein Werk vollendet? Der, der den Kreislauf an seinen Ursprung zurückgeführt hat, indem er den, der Jeffrey Ron Arrow erneut heroinabhängig gemacht hat, zu einem Junkie macht. Der, der die Töle in den Ruin treibt.“

Der Serbe kniet sich hin, nimmt die Cryption Crown vom Boden auf und wischt mit seiner Hand die Aschereste von der silbern schimmernden Oberfläche. Von dort schaut er zu Arrow hoch und richtet sich wieder auf.

Dalm1: „Ich durchschaue deine Lügen. Ich weiß, dass es nicht so ist, wie es scheint, egal welches Gift du mit deinen Lippen und deiner gespaltenen Zunge in mein Ohr träufelst. Ich habe vom Besten gelernt, ich habe von der Lüge selbst gelernt. Darum durchschaue ich auch Mad Dogs Lügen, obwohl ich dafür noch keine handfesten Beweise habe, aber die werden folgen. Das ist die Natur einer jeden Lüge: süß im Anfang und bitter am Ende, wenn sie ans Tageslicht kommt. Auch du siehst es, stimmt's? Du hast schon längst hinter die Fassade geblickt, schließlich weißt du selbst noch sehr gut, wie es sich angefühlt hat, zwischen Ekstase und Verwirrung gefangen zu sein.“

Die Lüge. Die Lüge Mad Dogs. Und abermals brodelt es in Arrow, abermals muss er deutlich Partei ergreifen, obwohl es ihn innerlich zerreißt.

Arrow: „Und auch wenn du es dir noch so sehr wünschst… du wirst nie sehen, was ich sehe. Der Tag, an dem Mad Dog lügen würde, um zu seinem eigenen Vorteil zu gelangen, wird der Tag sein, an dem die PCWA untergeht. Denn dies wird der Tag sein, an dem ihr Held sich selbst verrät. Doch das würde er nie tun, er ist kein Ischariot, er ist der letzte Verfechter der Wahrhaftigkeit.“

Dalm1: „Und vielleicht liegt genau darin sein Problem. Vielleicht sollte die Töle es aufgeben, in glänzender Rüstung und mit Lanze auf dem Rücken eines Gauls gegen die Windmühlen der PCWA anzukämpfen. Vielleicht sollte sie sich einfach schlafen legen und sterben, um wachgerüttelt und mit neuem Enthusiamus von den Toten zurückzukehren.“

Er bindet sich das Titelsilber um die Hüften. Die Gesichtszüge erweichen. Vorfreude.

Dalm1: „Mein heutiges Match wird ein einziger Crushfetischfilm, in dem ich Mad Dogs Hoffnung auf Heilung zerstören werde. Ich will seinen Funken zertreten, den ich angefacht habe. Und wenn das geschehen ist, wird alle Welt die Wahrheit über ihn und seine dreckigen Lügen erfahren.“

Arrow zieht die Augenbrauen hoch. Verzieht die Lippen. Rümpft die Nase. Atmet tief durch. Kurz setzt er zu einer Antwort an, dann entschließt er sich, die Provokation zu ignorieren. Tritt an die Kippenschachtel heran. Nimmt sie sich. Wiegt sie kurz in den Händen, als trüge sie all das Gewicht der vorangegangenen Konversation in sich. Abschätziges Lachen, dann lässt er die Schachtel in seiner Hosentasche verschwinden. Tippt sich zum Dank ironisch gegen die Schläfe und schlendert zur Tür. Harrt dort kurz aus und dreht sich noch einmal zum Serben um. Mustert ihn schweigend.

Kriss Dalm1 geht zu dem Tisch, entmutet die Soundbar und einmal mehr erklingt U2s Wake Up Dead Man. Ein zufriedener Gesichtsausdruck, leises Mitsummen der Melodie.

Dalm1: „Genieß die Show.“

Dann entschwindet der Serbe aus seiner Kabine, touchiert die Schulter der Lüge, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen. Während Dalm1 in den Weiten der Halle verschwindet, fingert die Lüge mit zitternden Fingern eine Zigarette aus der geklauten Schachtel und steckt sie sich zwischen die zusammengepressten Lippen. Blut. Stacheldraht. Heroin.

I’m alone in this world.

And a fucked-up world it is too.

 

Mike Garland: "Jetzt mache ich mir aber ernsthafte Sorgen um Mad Dog."

Vincent Craven: "Ich auch. Dalm1 mit heftigen Ankündigungen. Aber welche Lügen meint er? Mad Dog lügt doch nicht!"

Mike Garland: "Jeder lügt und mit Arrow hat Dalm1 natürlich den Richtigen zu diesem Thema als Gesprächspartner. Der macht ihm aber auch klar, dass der Tag, an dem Mad Dog zu seinem eigenen Vorteil lügt, der Tag ist, an dem die PCWA untergeht."

Vincent Craven: "Tja, das wird niemals passieren! Arrow ist leider bereits aus der PCWA ausgestiegen. Dalm1 meint zwar, er solle die Show genießen, aber was Dalm1 unter 'genießen' versteht, unterscheidet sich vom üblichen Mainstream." 

Mike Garland: "Ja, Crushfetischfilm... hast du sowas schonmal geguckt?"

Vincent Craven: "Nein, natürlich nicht! Und ich will es auch heute nicht sehen. Mad Dog wird sich gegen Kriss Dalmi wehren und alles wird gut. Ich glaube an Mad Dog. Alle glauben an Mad Dog. Er wird uns niemals enttäuschen! Der einzige Lügner hier ist Kriss Dalmi!"



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