Scene

Id
2074  
Name
Pavlov gone horribly wrong.  
Summary
 
Position
7  
Scenetype
Video  
Created At
2015-01-17 22:11:29  
Edited At
2015-01-31 10:36:42  
Show
Vendetta 107  


„Warum bin ich hier, Bleed?“

Eine Antwort bleibt das Apocalypse Girl ihm schuldig. Bloß das monotone Surren der Deckenleuchte und das entfernt dumpfe Dröhnen einer vorbeifahrenden U-Bahn erinnern ihn daran, dass er sich mit seiner Königin nicht in einem abgeschotteten Bunker befindet, obwohl der Berliner Untergrund auch für dieses Szenario einige stimmungsvolle Umgebungen für ein Date in der Hölle bereithielt. Nervös beginnt er auf seiner Unterlippe zu kauen, ohne das geheimnisvolle Funkeln in ihren Augen zu erwidern und schweift mit seinem unsicheren Blick ab, gleitet über die Umgebung, das verkrustete Waschbecken, den mit kaum zu identifizierenden Tags und bunten Aufklebern übersäten Spiegel, die vom Dreck dunkel gewordenen Bodenfliesen... und die vollkommen demolierte Toilettenkabine, in der ein menschliches Häufchen Elend mit dem Kopf in der mit Urinstein und getrockneter Scheiße überzogenen Toilettenschüssel hängt. Ein drogenabhängiger Pechvogel, der im falschen Moment den falschen Leuten über den Weg gelaufen ist.

Sie hatte ihm eine Nachricht geschickt, wollte sich mit ihm hier treffen und er ist ihr an diesen Ort gefolgt: Eine schäbige, öffentliche Toilette im U-Bahnhof Alexanderplatz, neben dem „Kotti“ wohl einer der berüchtigsten Drogenumschlagplätzen in der deutschen Hauptstadt. Womöglich ist auch genau das der Grund, weshalb der arme Tropf es gewagt hatte, das ungleiche Paar nach Stoff zu fragen und der Serbe diese Frage damit beantwortete, seinen Kopf zu nehmen und sein Gesicht an den gekachelten Wänden, der Kabinentür und dem Spülkasten zu zertrümmern. Sie vermochte es, diese tierische Seite aus diesem von inneren Konflikten geplagten Mann allein mit ihrer Präsenz hervorzulocken. In der einen Sekunde eine nach Blut geifernde Bestie, in der nächsten das unterwürfige, kleinlaute Haustier. Ein elegantes Zurückwerfen der Haare als Reichsapfel, ein Augenaufschlag als Zepter und ein unschuldiges Lächeln als Krone. Dieses stete Umherirren zwischen den Extremen – dies waren die wahren Insignien der Macht einer Monarchin!

Das Apocalypse Girl neigt ihren Kopf leicht in Richtung des namenlosen Junkies, etwas, das der Untertänige lediglich aus den Augenwinkeln bemerkt, da sein Blick auf die verschmutzten Bodenfliesen gerichtet ist. Sein Kopf folgt der angedeuteten Bewegung und er mustert den bewusstlosen Junkie, dessen verrenkter Körper wie ein aktionskünstlerisches Mahnmal wirkt.

Bleed: "Ich dachte nur.. vielleicht willst du einen Blick zurück.. in eine Zeit, die so unbedeutend einfach war.. Unkompliziert.. Keine Selbstreflexion. Kein brennender Blick in den gnadenlosen Spiegel. Nur der Schuss wie eine Flut, der deine Probleme von diesem einsamen Strand, an dem du verhungerst, hinaus ins blutrote Meer spült.. hinaus ins Morgen.. weg ins süsse 'später'.. Ich wollte, dass du hier stehen musst, die Stiefel auf den gleichen Flecken von verrotteter Kotze wie einst.. Wieder inmitten des vertrauten Geruchs nach billigem, aufgekochten Heroin und ätzender Pisse.. und der faulige Geschmack nach Elend auf der einst so gierigen Zunge. Ich muss wissen, was du fühlst. Welche Bilder du siehst.. bist du zu Hause? Ist es Schmerz oder Nostalgie, Kriss? Ist es beides?"

Vehement schüttelt er den Kopf und kann sich trotzdem nicht dazu überwinden, ihr in die Augen zu schauen.

Kriss Dalmi: „Das bin ich nicht mehr.“

Lauernd ist ihr Blick. Der erste Eindruck lügt dem Beobachter Gleichgültigkeit in ihren schwarzen Augen vor.

Bleed: "Aber du könntest morgen wieder dahin zurück.. weil es leicht ist."

Schweigen. Und damit implizite Zustimmung. Wenn sie ihm die verbotene Frucht vor das Gesicht hielte, würde er erneut von ihr Kosten und ein weiteres Mal Dantes aschenen Fußspuren bis in den neunten Kreis folgen, auch wenn es bedeutete, dass die Gefahr bestünde, nie wieder von dort zurückzukehren. Unauffällig lässt Kriss Dalmi seine Hände in den Hosentaschen seiner Jeans verschwinden. Sie soll sein Zittern nicht bemerken.

Kriss Dalmi: „I-ich begreife nicht. Ich bin doch frei. Ihr habt mich davon befreit, mich gerettet und zu einem besseren Menschen gemacht. Was könntet ihr für einen Grund haben, mich wieder zu dem zu machen, was ich einst war?“

Ein drogenkrankes Stück Scheiße. Es bleibt unausgesprochen. Zu groß ist die Angst, der Aberglaube an eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.
Als Kontrast zur Umgebung, in der sich die beiden befinden, hallt Bleed's fast singendes, vergnügtes Lachen durch den Raum.

Bleed: "Wer hat gesagt, dass du ein besserer Mensch geworden ist? Wer sagt, dass wir einen besseren Menschen wollten..? Ich mag dich wirklich, kleiner Kriss.. aber in unserer Welt existierst du als SEIN Projekt. Du bist der hässliche Klumpen schlammiger Ton, an dem wir uns die Hände dreckig machen müssen, wenn wir ihn formen wollen. Du bist das Material, das sich wehrt, in seine passende Form gegossen zu werden.. Wie Erde, die die Samen abstösst, die in ihr zu Leben erwachen wollen.. Wie Regen, der sich nur fallen lässt, anstatt sich zu einer Flut zu bündeln. Wir wollen nicht deine Tränen.. sondern den Grund, warum sie fliessen werden. Wir wollen nicht das Holz, sondern die Glut, zu der es verbrennt. Wir wollen nicht den Künstler Kriss Dalmi, der in den Dreckslöchern dieser Welt den Boden mit seinen Auswürfen beschmiert. Wir wollen Mr. Kriss Dalmi, der den verdammten HIMMEL bemalt. Doch noch gibt es ihn nicht.."

Bleed schlägt die Augen nieder, wie ein Mädchen das eine Abfuhr vom Jungen ihrer Träume bekommen hat.

Bleed: "Und das macht mich traurig.. Und ER? Er muss seine Investitionen berechnen.. abwägen.. Nutzen und Zeitverschwendung in einer eiskalten, wundervollen Formel. Und deshalb brachte ich dich hier her, damit wir an den Grundlagen arbeiten können. Zurück gehen.. zurück in den Dreck und in das Elend, in das ein Mann gehört, der sich selbst von einem kleingeistigen Individuum wie Sanchéz fällen lässt wie ein trauriger kleiner Baum im ersten Novemberwind."

Kriss Dalmi: „Sanchéz...“

Der Belgrader presst diesen vermaledeiten Namen mit unterdrückter Wut zwischen seinen Zähnen hervor. Die Wahrheit machte Bleeds Hohn nur noch schlimmer. Ausgerechnet er, der Mann mit dem Schlachtermesser in der Hand, der das mexikanische Schwein zur Schlachtbank führen wollte, wurde besiegt. Nein. Er wurde erniedrigt. Vor den Kopflosen auf den Zuschauerrängen und vor seiner Königin, und obwohl er mit seinem gesenkten Blick nicht sehen kann, was sich in ihren Augen abspielt, deuten ihre zu einem spöttischen Lächeln verzogenen Lippen darauf hin, dass sie diesen Moment seiner Schwäche genüsslich auskostet.

Kriss Dalmi: „Es war bloß ein Versehen! Ich war unvorsichtig, aber ich kann den Fehler korrigieren, ich kann dir... ihm immer noch beweisen, dass ich es wert bin, von euch aufgelesen worden zu sein. Ich... ich brauche nur noch eine weitere Chance. Nur eine einzige Chance...“

Er senkt den Blick noch weiter, starrt aus weit aufgerissenen Augen auf den gefliesten Boden und verfällt in ein ersticktes Wimmern. Ihr stetes Schweigen verwandelt ihn in einen unsicheren, kleinen Jungen, der mit seiner Umwelt überfordert ist. Warum tut sie das? Warum ist er hier?

Kriss Dalmi: „Vendetta 108 – ich werde ihn erneut herausfordern. Und ich werde ihn diesmal zerstören. Statt eines Straußes schwarzer Rosen, mache ich dir seinen gebrochenen Körper zum Versöhnungsgeschenk. Ich flehe dich nur noch dieses eine Mal an! Gib mir die Möglichkeit, es wieder gutzumachen!“

Kriss Dalmis Gesichtszüge verkrampfen sich, bilden in Sekundenbruchteilen verschiedenen Emotionen ab, weil er nicht mehr weiß, was er fühlt... oder in ihrer Nähe fühlen darf. Wut, Scham, Furcht, Sehnsucht. Liebe?

Fast verzweifelt funkelt sie ihn an, hämmert ihre kleine geballte Faust mit den glitzernden Stahlringen gegen seine Brust.
So als müsste sie ihn endlich aufwecken.

Bleed: "Warum willst du mir so weh tun, Kriss? Soll ich dich erneut bei deinem Scheitern begleiten? Ich bin es müde, dich versagen zu sehen.. Ich will nicht, dass du mir irgendwas versprichst. I want you to PAINT THE FUCKING SKY. Doch du bist noch nicht dort.. wo wir sind. Du bist hier. All die Arbeit.. all mein Flehen.. und ein neuer neuer neuer Anlauf von Mr. Kriss Dalmi.. um mich erneut zu verletzten und als Schoßhündchen des Mexikaners zu enden."

Aus dem Nichts dringt ein sich überschlagender Schrei aus der Kehle des Serben. Dann ertönt das Klirren zerbrochenen Glases. Bleed bemerkt erst jetzt, da die Faust ihres Gegenübers in dem Waschbeckenspiegel steckt, dass sie selbst wegen des plötzlichen Wutausbruchs ihres Dieners zusammengezuckt ist. Eine tickende Zeitbombe. Und der Grund, weshalb Eleven auf dieses unheilige Band zwischen ihr und ihm weiter beharrte.

Er, hingegen, blickt mit Erstaunen auf das gläserne Spinnennetz, das ihn aus hunderten gleichsam erstaunten Augen anstarrt. Ein Schleier legt sich über seine Augen, als er die Faust zurückzieht und seine blutenden, mit Glassplittern übersäten Fingerknöchel betrachtet und nicht versteht, was gerade passiert ist. Für einen Augenblick ist bloß die Monotonie der surrenden Deckenleuchte und das gedämpfte Atmen des Serben zu hören, dann vertreibt das helle, mädchenhafte Lachen Bleeds die Stille.

Bleed: Cheer up, Kriss!

Beiläufig reißt das Apocalypse Girl mehrere Papierhandtücher aus dem dafür vorgesehenen Spender, führt die blutige Faust mit seiner sanften Handbewegung zu sich und beginnt daraufhin, die kleinen Schnittwunden auf den Fingerknöcheln mit fast zärtlicher Sorgfalt sauberzutupfen. Kriss Dalmi betrachtet dieses Schauspiel, in seinem Gesicht die vollkommene Ratlosigkeit. Bestrafung und Belohnung, Belohung und Bestrafung. Eine Beziehung wie ein fehlgeschlagenes Pawlow'sches Experiment. Aber mit jeder weiteren Irrung steigt auch die potentielle Gefahr der Waffe, um die sie ihre Finger gelegt hat.

Bleed: "Du weisst, dass du mich sehr verletzt hast.. und dass du dich bei Out Of Ashes lächerlich gemacht hast..?"

Kriss Dalmi: Ja. Ja, ich weiß, Bleed, aber...

Bleed: "Was lernen wir eventuell daraus? Vielleicht.. dass du ALLES tun würdest, um es wieder gut zu machen? Das willst du doch, right? I mean.. willst du wirklich hierher wieder zurück? Ohnmächtig werden neben Seelen wie der dort drüben.. und aufwachen neben ihrer Leiche?"

Kriss Dalmi: Nein! Nein, dass will ich nicht! Unter keinen Umständen!!“

Bleed: "Du bekommst deine Chance.. du bekommst deine Farben und deine Staffelei.. und den Himmel über Vendetta 108. Ich gebe einen Dreck auf Sanchéz, aber ich trage - tief in meinem kleinen Herzen - etwas anderes mit mir herum, dass mich wieder .. glücklich machen würde."

Kriss Dalmi: Alles, was du willst! Ich lebe, damit du glücklich bist!“

Bleed's Kopf taucht dicht an Dalmi heran, bis ihre Lippen neben seinem linken Ohr schweben.
Ihre Stimme ist nur mehr ein Hauch, der seinen ganzen Körper erfasst und ihn vor Dankbarkeit vibrieren lässt.

Bleed: "Jemand hat mir weh getan.. Ich weiss, ich bin in gewisser Weise krank.. aber werde ich geschnitten, dann schmerzt es. Werde ich verletzt, dann beisse ich meine Lippen blutig.. vor Wut. Ich möchte, dass du für mich eine Botschaft überbringst. Unmissverständlich und eindeutig in seiner Intention und Sprache. Ich will den wahren Dalm1 auf der Türschwelle desjenigen, der mich verletzt hat.. Ich möchte dir die Chance geben, dich zu beweisen. Für mich.. Für Nicotine & Bacteria. Und für alle, die dich abgeschrieben haben. Und ich möchte nichts anderes, als dass du ihm das verdammte Herz aus dem Körper reisst."

Kriss Dalmi: Ja! Ja, das werde ich für dich tun! Ich reiße ihm sein Herz heraus und bringe es dir in einer mit Glitzerstaub und Schleifchen dekorierten Geschenkbox!“

Sie lächelt zufrieden. Die gröbsten Blutflecken auf der Hand des Belgrader sind beseitigt, lediglich kleinere Rinnsale treten aus den Schnittwunden hervor. Dann entledigt sie sich dem Knäuel blutgetränkter Papierhandtücher, greift an sein behaartes Kinn und neigt es langsam nach oben. Im ersten Moment ist da Widerstand, Angst ihren Blick zu erwidern. Dann lässt er es zu und zum ersten Mal seit dem verhängnisvollen Abend im Keller des PCWA Theaters blicken sie sich in die Augen. Ein Augenblick, der sich wie die Ewigkeit des Todes anfühlt und gleichzeitig eine kaum zu beschreibende, außerweltliche Wärme verströmt. Abermals ist Kriss Dalmi vollkommen überfordert, weiß nicht, wie er mit dieser Situation umgehen muss und entzieht sich dem geheimnisvollen Leuchten in ihren Augen kurz darauf.

Bleed streckt ihre rechte Hand aus. Und ihre Finger fühlen nicht nur die kühle Haut seiner Wange, sondern auch die innere Freude in ihr.
Sie tobt durch ihre schwarze Seele wie die ersten Schmetterlinge in den Leibern von Teenagern. Wieder schiebt sie ihre Lippen dicht an sein Ohr..

Bleed: "Ich werde jetzt gehen.. du kannst hier bleiben, solange du willst. Sag' - Danke, Bleed.."

Schweigen. Stille. Nur die alten Neonröhren flackern wie untote Glühwürmchen vor sich hin.
Dann geistert Dalmis Flüstern durch die vier Wände aus Dreck und Fäule.

"Danke, Bleed.."

 

Vincent Craven: „Hm. Bleed und Kriss Dalmi. Immer wenn ich die beiden zusammen sehe, dann bekomme ich eine Gänsehaut. Dieses Duo ist so… mir fehlt gerade der geeignete Begriff…“

Mike Garland: „Sweet?“

Vincent Craven: „Ekelhaft wäre der in meinen Augen passendere Ausdruck. Dalmi ist Bleed verfallen und wir beide wissen, welche Konsequenzen sich daraus in seinem kranken Hirn entwickeln.“

Mike Garland: „Er hat beim Out of Ashes gegen Díego Sanchez verloren und sich damit in Bleeds Augen lächerlich gemacht. Genau diesen Fehler soll er nun korrigieren.“

Vincent Craven: „Wer Dalmi kennt, weiß dass er dies niemals durch einen einfachen Sieg erringen könnte. Nein, er will den Mexikaner zerstören, um so die Gunst der von ihm Angebeteten wiederzuerlangen.“

Mike Garland: „Sagte ich doch: Süß die beiden. Auf eine etwas verquere Art natürlich.“

Vincent Craven: „Díego ist vorgewarnt und er hat den Serben schon einmal besiegt. Er wird gewappnet sein.“

Mike Garland: „Wieso hängt in einer abgeranzten Toilette am Kotti eigentlich eine Überwachungskamera mit Liveschaltung direkt in die Halle?“

Vincent Craven: „Frag nicht. Frag einfach nicht.“



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