Britney streift weiter neugierig durch den Backstagebereich. Hier ist es viel angenehmer als in dem Loch wo sie neulich zu Gast war. Alles wirkt viel größer, aufgeräumter, professioneller halt. Es fühlt sich fast wie zu Hause an.
Während sie so in Gedanken versunken durch den Flur schlendert, dabei Cola über einen Strohhalm aus einem Pappbecher schlürft, wird sie durch das Piepen ihres Smartphones, welches ihr signalisiert dass sie eine weitere WhatsApp-Nachricht erhalten hat, aus ihren Gedanken gerissen.

Love verdreht ihre Augen greift in die Tasche und zieht ihr Telefon hervor.
Schon wieder dieser Typ. Langsam wird ihr klar, dass es ein Fehler war ihm ihre Telefonnummer zu geben. Was will der eigentlich die ganze Zeit? Es muss doch auch ihm klar gewesen sein, das es nur für diesen einen Abend war.

Während sie noch überlegt, ob sie dem Typen jetzt einfach mal antwortet oder ihn erneut ignoriert, vernimmt sie ein leises Schluchzen.
Am Anfang so leise, dass sie es fast überhört hätte, doch als sie sich auf das Geräusch konzentriert hört sie es ganz deutlich.
Wo kommt es her? Britney versucht das Geräusch zu lokalisieren. Mit dem Pappbecher in der einen und dem Smartphone in der anderen Hand geht sie vorsichtig den Gang in die Richtung, aus der sie das Schluchzen vermutet. Aber da ist nichts! Und trotzdem hört sie es schluchzen. Love presst die Hände auf die Hüften, verzieht den Mund und sieht sich verwundert um. War es gestern doch ein Cocktail zu viel? Hört sie schon Stimmen? Halt - da, da war es wieder genau hinter ihr! Britney dreht sich um.

Keiner da, nur ein Wandschrank! Britney kratzt sich am Kopf! Hey, wartet mal das Schluchzen kommt von dort. Ja, ganz deutlich! Britney macht einen Schritt auf den Schrank zu und legt ihren Kopf an die Tür.  Ja tatsächlich, dahinter schluchzt und wimmert es!

Der geneigte Zuschauer ahnt es vermutlich schon, auf was diese Situation hinausläuft. Schließlich gibt es in der PCWA nur eine Person, die sich in Krisensituationen zum Weinen in einen Schrank zurückzieht. Mal ehrlich, könntet ihr euch den Schlächter oder Alistair Brunswick in einer Besenkammer vorstellen, zwischen Wischmopps und Müllsäcken? Gut letzteren sicherlich schon, aber dann bei gänzlich anderen Aktivitäten.

Britney Love auf jeden Fall weiß noch nicht, wer dahinter stecken könnte. Und so ist sie auch vorsichtig. Langsam streckt sie ihre Hand nach dem Griff des Schrankes aus und zieht diese dann mit einem Ruck auf.

Ihr könnt sicherlich ihr Erstaunen bei dem Anblick, der sich ihr bietet, nachvollziehen.

Britney Love: "Eri Osada!"

Das Häufchen Elend in Form der kleinen Japanerin blickt sie mit ihren braunen Rehaugen von unten an. Eri Osada sitzt auf einem Stapel gefalteter Vorhänge, so wie sie am Entrance angebracht sind. Sie trägt immer noch das an ihr irgendwie unpassende aussehende Shirt der „Religion of Death 2014“, dazu kurze Shorts und dunkle Lackschuhe mit artigen Kniestrümpfen. Ihr Gesicht ist verweint, ihre Augen schimmern feucht und im Arm hält sie ihren arg ramponierten Glücksteddy Shiawase.

Love steht da, wie ein Reh, welches aus der Dunkelheit in den Lichtkegel eines heranrauschenden Fahrzeugs tritt. Sitzt da tatsächlich Eri Osada in einem Wandschrank und flennt? Britney kneift kurz die Augen zu, um sich zu vergewissern, ob Osada wirklich vor ihr sitzt. Ja das tut sie!
Okay, ja schon gut, Osada hat das Titelmatch verkackt. Fein. Aber so ist das nunmal, deswegen schließt man sich doch nicht in einem Wandschrank ein. Nein, man geht sich besaufen oder vögelt sich wieder glücklich und versucht es beim nächsten mal besser zu machen! Okay, nicht jede ist Britney Love, denkt sie sich und kichert in sich hinein. Allerdings tut ihr Eri auch ein wenig leid. Sie geht in die Knie um auf Osadas Höhe zu kommen..

Britney: „Hey du, das wird schon wieder! Jeder verliert mal! Da ist doch nichts dabei und es gehört zu unserem Geschäft. Schau, ich habe den SWE Titel drei mal gewonnen und genauso oft verloren. Wenn es danach ginge, käme ich aus dem Schrank ja gar nicht mehr raus. Du wirst sehen, beim nächsten Match sieht die Welt gleich anders aus.“

Britney streichelt ihr mit einem Lächeln tröstend über den Arm.

Britney: „Kann ich irgendwas für dich tun, also kann ich dir irgendwie helfen?“

Eri Osada bringt nur ein leises Schluchzen heraus und schüttelt den Kopf, wobei sie den Blick von Britney wendet und zu Boden guckt. Japanerinnen zeigen ungerne Gefühlsregungen und wenn, dann lassen sich diese gemeinhin in die Kategorien „Niedlich sein“, „Kichern“ oder „Sich albern verhalten“ einordnen.

Britney scheint ein wenig mit dieser Situation überfordert. Naja, sie kann halt nicht so gut mit Emotionen anderer umgehen. Wie auch, sie ist in einer Soldatenfamilie in Kasernen groß geworden. In denen die einzige Emotion die Tränen beim morgendlichen Fahnenappell waren.
Irgendwie weiß sie gerade gar nicht was sie tun soll. Aufstehen und gehen oder Eri trösten? Britney entscheidet sich für letzteres! Warum scheint sie in dem Moment selbst nicht zu wissen, aber sie nimmt Eri sanft in den Arm und versucht sich daran zu erinnern was ihre Mutter immer mit ihr gemacht hat, auch wenn sie sich dabei gerade ziemlich bescheuert vorkommt.

Britney: „Schschst, das wird schon wieder! Alles wird wieder gut! Glaub mir Niederlagen vergisst man schnell, wenn man einen Sieg folgen lässt!“

Sie spürt, wie Eri sich langsam beruhigt. Ihre Stimme ist leise, kaum mehr als ein Flüstern und nur schwer zu verstehen.

Eri: „Ich nicht… traurig sein wegen Match. Ich traurig sein wegen… NEON.“

NEON LOVE.
Britney kann sich noch dunkel an diesen jungen Burschen in den rosafarbenen Leggins erinnern, der auch bei ATHENA zu Gast gewesen war und eigentlich ihr Partner bei der GFCW Open Tag Team Challenge werden sollte. Sie hatte ihn immer als unreif und albern empfunden und nicht verstanden, was eine Frau an so einem Jüngelchen finden konnte. Wobei… wenn sie sich Eri so anguckte, dann sind die beiden wohl ein echtes Traumpaar gewesen.

Britney: „Männer sind am Ende alle gleich! Erst erzählen sie einem was von der großen Liebe und dabei wollen sie nur deinen Championgürtel oder lassen einen heulend im Wandschrank sitzen. Ja, Liebeskummer tut weh, Eri! Ich kenne das nur zu gut. Wenn man da sitzt, einem die Brust wehtut, man denkt dass man ohne ihn nicht leben kann! Wenn man merkt, dass man nur ausgenutzt wurde. Dagegen hilft aber nicht sich im Wandschrank zu verstecken. Nein, Mädchen, da hilft nur rausgehen und Spaß haben! Du darfst ihm gar nicht erst zeigen, dass er dich verletzt hat! Nein, zeig ihm was er stattdessen nun verpasst! Und du wirst sehen, im Nu bist du über den Mistkerl hinweg!“

Nun sieht Eri Britney das erste Mal wirklich an. In ihrem Blick schwingt ein deutliches „Für dich mag das eine Kleinigkeit sein, aber für mich ist das eine Godzilla-zertrampelt-Tokio-Situation“ mit.

Eri: „Ich auch denken, dass ich darüber hinweg sei. Aber… aber…“

Sie beginnt wieder zu schluchzen, gewinnt aber schnell die Fassung zurück.

Eri: „Er mich verlassen haben wegen anderer Frau!“

Ups da fällt Britney wieder was ein. Wahrscheinlich hatte sie gestern Nacht selbst eine große Dummheit begangen.
Aber hey – sie war gut drauf, immerhin ist sie #1 Herausforderin auf den ATHENA-Titel.
Die Bar war launisch!
Die Musik mitreissend!
Die Cocktails süffig und der Typ sah auch irgendwie schick aus! Spaß hat es obendrein auch noch gemacht und darum ging es ihr auch nur – um Spaß! Also was kann daran eigentlich falsch sein?
Okay vielleicht die Tatsache, das sie eigentlich in festen Händen ist.
Britney schließt kurz die Augen und schluckt. Sie versucht ihr Problem zu verdrängen und sich wieder auf Eri zu konzentrieren.

Britney: „Ach vergiss ihn - der Typ war es am Ende doch gar nicht wert!“

Eri guckt sie mit braunen Augen an.

Eri: "Nicht... wert?"

NEON war doch so... flauschig.

Britney: „Verstehe auch gar nicht warum du dich noch an den klammerst? Du hast doch einen Neuen oder nicht? Dieser große starke Typ, der dich zum Ring begleitet hat? Ich muss sagen, der passt auch viel besser zu dir! Ich kann mir vorstellen, bei dem ist noch was anderes groß, stimmts? Ich meine, der ist doch bestimmt der Hammer im Bett oder, besser als dieser Hänfling in den rosa Leggins."

Noch nie in der Geschichte der Menschheit und schon gar nicht in der unserer PCWA hat man jemanden so schnell dunkelrot anlaufen sehen. Eri ist dieses Thema sichtlich peinlich.

Eri: „Ich… wir… mh…“

Sie ringt um Worte.

Eri: „NEON und ich, wir haben manchmal…“

Nein, diese Sätze wollen ihr einfach nicht über die Lippen. Es gab da diesen Hello-Kitty-Vibrator, der geneigte PCWA-Fan wird sich bestimmt erinnern. Und der war auch mehrmals im Einsatz. Ansonsten ist da außer Händchenhalten und ein paar verstohlenen Küssen zwischen ihr und NEON nichts gelaufen.

Britney: „Aber du willst mir doch nicht sagen dass mit Rage nichts läuft! Ich meine ihr tut es doch?“

Britney schlägt mit der flachen Hand auf ihre andere zusammen gerollte Hand, als eindeutiges Zeichen! Eris Gesichtsfarbe geht langsam ins Violette über.

Eri: „Wir waren einmal Tretbootfahren und spielen auch auf der X-Box.“

Britney reißt die Augen auf!

Britney: „Waaas! X-Box?“

Sie muss erst einmal durchschnaufen. Verdammt da hat Eri so einen heißen Typen an ihrer Seite und alles, was sie mit ihm tut, ist X-Box spielen. Wie in drei Gottes Namen ist sie denn bisher durchs Leben gegangen? Gut, Britney wurde ganz anders erzogen, vielleicht war das Aufwachsen auf verschiedenen Militärbasen fürs Leben gar nicht so schlecht. Aber verdammt, so naiv und so blauäugig wie Eri kann doch keiner sein.

Da ist es ja kein Wunder, das sie ständig im Schrank sitzt und heult.
Wow, das muss erst mal sacken. Die Kleine hat noch viel fürs Leben zu lernen!

Britney: „Boah, Mädchen werde erwachsen!“

Prustet Love vor sich hin.
Eri blickt sie aus weit aufgerissenen Augen an.
Diese Britney Love scheint aufgebracht zu sein, dabei hatte sie ihr doch gar nichts getan. Aber bevor sie etwas entgegnen kann, setzt Britney schon nach.

Britney: „Hör mal, wenn du so blauäugig und so naiv durchs Leben rennst, wirst immer wieder im Wandschrank sitzen. Und weißt du warum? Weil du immer wieder verletzt und enttäuscht wirst! Und zwar weil du es zulässt, weil du es mit dir machen lässt und zulässt dass sie dich ausnutzen! Ja, Eri, sie werden dir was vorlügen, sie werden dir erzählen wie süß, wie toll, wie schön du bist. Das erzählen sie dir solange, bis du ihnen langweilig wirst. Bis sie sich eine andere suchen! Was glaubst du denn? Denkst du Azreal wird X-Box spielen für die Ewigkeit reichen, hmm? Glaubst du er wird ewig mit dir Tretboot fahren? Irgendwann, Eri! Irgendwann wird ihm Tretboot fahren nicht mehr reichen! Glaubst du nicht, dass er sich danneine suchen wird, die auch noch mehr macht, hmm?"

Britney schaut Eri, mit einem Blick an, als wüsste sie, worüber sie redet. Als hätte sie genau das was sie sagt selbst erlebt.

Britney: „Lass dir, das nicht bieten, Eri! Lass nicht zu, dass sie das mit dir machen! Lass nicht zu, dass die kleine Eri im Wandschrank sitzt! Geh raus, Eri, nimm dir, was du für richtig hältst und denk nicht drüber nach was die anderen von dir denken! Geh raus, hau auf die Kacke! Habe Spaß und werde die Bitch, die Typen mit einem Lächeln verlässt. Die nicht zulässt, dass andere sie verletzen!"

Eri blickt Britney mit weit geöffneten Augen an.
Sollte sie... wirklich...?

Was, wenn Britney Recht hat?
Was, wenn Azrael sie wirklich verlassen könnte, weil sie zu langweilig für ihn ist?
Was, wenn sie sich ändern müsste, um nicht von ihm enttäuscht zu werden?

Eris Unterlippe bebt, aber sie hat einen Entschluss gefasst.
Ruckartig steht sie auf. Sie hat zwar immer noch den Teddy unter dem Arm, aber von einem Moment auf den anderen wirkt sie entschlossener denn je. Reifer. Nicht mehr ganz so wie ein flauschiges Kätzchen, das man aus Versehen in den Schleudergang gesteckt hat.

Eri: „Ja, du haben Recht. Ich nicht mehr sein wollen alte Eri. Ich werden sein… neue Eri.“

Britney hat ein leichtes Schmunzeln im Gesicht.

Eri: „Und die neue Eri heute geboren werden! Ich haben schon eine Idee!“

Urplötzlich macht sie einen Satz nach vorne. Britney will bereits in Kampfstellung gehen, dann aber merkt sie, dass die Japanerin sie nur umarmt. Die Kleine ist ganz aufgedreht. Sie lässt sie wieder los, dreht sich um und hüpft mit wippenden Zöpfchen davon. Britney hört noch einmal ihre Stimme.

Eri: „Und nachher bei Brawlin‘ Rumble ich es allen zeigen werde! Mit einem Paukenschlag!"

Dann ist sie auch schon um eine Ecke gebogen. Zurück bleibt eine etwas konsternierte Britney Love.

Mit hochgezogener Augenbraue. Was zum Teufel war das denn?
Britney schüttelt mit dem Kopf. Hoffentlich war das jetzt kein Fehler eine schlafende Eri Osada zu wecken, immerhin möchte Britney Love den Rumble ebenfalls gewinnen, da kann sie keine Japanerin auf dem Selbstfindungstrip gebrauchen.
Doch sie kann ihre Gedanken nicht weiter ausbauen, denn da wird sie schon vom erneuten Piepen ihres Smartphones aus den Gedanken gerissen.

 

Vincent Craven: "Oh-oh- Eri Osada heulend im Wandschrank. Und Britney Love bringt sie auf eine Idee. Was da wohl wieder bei rauskommt."

Mike Garland: "Eri Osada will vor allem, dass Azrael Rage stolz auf sie ist. Aber mal ehrlich: Wie hoch bewertest du ihre Chancen beim Brawlin' Rumble?"

Vincent Craven: "Lass mich kurz darüber nachdenken. Sie ist 1,52 Meter groß und wiegt knapp über 40 Kilogramm. Meine Oma könnte sie mit einer Hand aus dem Ring werfen."

Mike Garland: "Wir kennen Eris Pläne. In ihrem jugendlichen Enthusiasmus kommt sie manchmal auf irrwitzige Ideen. Weißt du noch, als sie gegen Pierre Saint-Judas ein Hardcore-Match bestreiten wollte?"

Vincent Craven: "Hat sie doch auch getan."

Mike Garland: "Sie hat nach drei Minuten verloren."

Vincent Craven: "Na und? Du hast sie doch gehört: Nur weil man klein ist und ein Mädchen, muss man noch lange nicht vor Herausforderungen zurück schrecken. Versuchen kann man es wenigstens."

Mike Garland: "Sagte das deine Frau nicht auch in eurer Hochzeitsnacht?"

Vincent Craven: "Pfff..."